Steckbrief Weißstorch (Ciconia ciconia)

Three White Storks
© Alper Tüydeş
Wo Störche in Europa leben, Storchendörfer

Wo leben Störche?

Kaum ein Vogel in Europa ist so bekannt wie der Weißstorch. Im Gegensatz zu seinem heimlich lebenden Verwandten, dem Schwarzstorch, sind Weißstörche Kulturfolger. Sie suchen die Nähe des Menschen; sei es beim Brüten (auf Dächern oder Strommasten) oder bei der Nahrungssuche (auf frisch gemähten Wiesen hinter Traktoren). Trotz seiner Popularität ist der Weißstorch bei weitem nicht mehr so verbreitet wie früher. Große Populationen gibt es vor allem noch in Spanien und in Polen sowie im Baltikum.

Störche brauchen zum Leben offene Landschaften wie Flussniederungen, extensiv genutzte Wiesen und Weiden oder Kulturlandschaften mit nahrungsreichen Kleingewässern. Durch eine verfehlte Agrarpolitik werden diese Lebensräume aber immer seltener.

Merkmale von Störchen

Der Weißstorch ist einer der größten Vögel Europas. Im Stehen misst er etwa 95 bis 110 Zentimeter. Seine Spannweite beträgt 183 bis 217 Zentimeter. Leicht zu erkennen ist der Weißstorch am weißen Gefieder, den schwarzen Schwingen und Schulterfedern sowie seinem langen, roten Schnabel (14-19 Zentimeter) und den roten Beinen. Bei der Nahrungssuche schreitet Meister Adebar, wie der Storch in Märchen und Fabeln genannt wird, gemächlich mit geradem und schwach nach vorne gerichtetem Hals über Wiesen und Weiden. Sein Flug ist langsam und die Flügelschläge gleichmäßig. Im Gegensatz zu Reihern halten Störche sowohl Hals als auch Beine im Flug lang ausgestreckt. Als „Segelflieger“ nutzen sie die Thermik und steigen mit unbewegten Flügeln hoch in den Himmel. Von beringten Störchen weiß man, dass sie bis zu 39 Jahre alt werden können.

Was fressen Störche?

Weißstörche sind alles andere als wählerisch. Ihre bevorzugte Nahrung sind Kleinsäuger, Frösche und große Insekten, wie etwa Heuschrecken. Sie fressen aber auch Reptilien, Fische und gelegentlich Eier und Küken von bodenbrütenden Vögeln. An ihre Jungen verfüttern die Storcheneltern in den ersten Wochen nach der Geburt zumeist Regenwürmer und Insektenlarven.

Für die Nahrungssuche haben Störche verschiedene Jagdtechniken entwickelt: Insekten und Würmer ergreifen sie während des Schreitens mit nach unten gerichtetem Kopf und Schnabel. Bei der Mäusejagd verharren die stattlichen Schreitvögel regungslos und schlagen dann blitzschnell zu.

Weißstörche bei der Paarung
© Bruno Dittrich

Fortpflanzung und Sozialverhalten von Störchen

Je nach Brutgebiet kehren mitteleuropäische Weißstörche Ende Februar bis Anfang April zu ihren vorjährigen Nistrevieren zurück. Die Männchen treffen meist einige Tage vor den Weibchen ein, um die besten Reviere zu besetzen. Zur Begrüßung des am Nest eintreffenden Partners erfolgt ein lautes rhythmisches Klappern mit dem Schnabel; deshalb wird der Storch auch 'Klapperstorch' genannt. Das Nest, auch Horst genannt, wird von Männchen und Weibchen gemeinsam gebaut, bzw. ausgebessert. Dabei können die Horste riesige Ausmaße annehmen: Es wurden schon Nester mit bis zu zwei Meter Durchmesser und drei Meter Höhe beobachtet!

Nach der Paarung legen die Weibchen in der Regel drei bis fünf Eier. Männchen und Weibchen wechseln sich bei der Brut ab. Während des ersten Lebensmonats werden die Jungen ständig von einem Altvogel bewacht. Nach etwa zwei Monaten werden die Nesthocker flügge, werden aber noch weitere zwei bis drei Wochen von den Eltern mit Nahrung versorgt. Mit rund zweieinhalb Monaten sind die jungen Störche selbständig. Die Geschlechtsreife tritt mit etwa drei bis fünf Jahren ein. Erst dann kehren die Jungtiere wieder in die Nistgebiete zurück. In der Zwischenzeit leben sie in den Überwinterungsgebieten.

Toter Storch Stromleitung Marokko
© Matthias Putze

Sind Störche gefährdet?

Es ist vor allem der Lebensraumverlust, der den Weißstorch bedroht. Die Trockenlegung von Feuchtwiesen raubt den Störchen ihre Nahrungsgrundlage. In den Staaten Mittelosteuropas bedeutet besonders die im Zuge des EU-Beitritts stattfindende Intensivierung der Landwirtschaft eine große Gefahr für die Störche.

Nach dramatischen Bestandseinbrüchen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich in einigen Regionen Europas die Bestände jedoch wieder erholt, so etwa in Deutschland und Frankreich. Hauptgrund hierfür dürfte das verbesserte Nahrungsangebot in Spanien sein, wo in den letzten Jahren immer mehr Störche überwintern. Zuletzt haben sogar wieder in Großbritannien nach jahrhundertelanger Abwesenheit Weißstörche erfolgreich gebrütet.

Neben dem Lebensraumverlust und den Folgen der Klimakrise sind es vor allem Stromleitungen, die durch Stromschlag oder Kollision zur tödlichen Gefahr für Störche (und andere Großvögel) werden. Zudem sind Störche als Langstreckenzieher vielen Gefahren auf ihrem Zugweg ausgesetzt. Insbesondere Exemplare aus der osteuropäischen Population, die über den Bosporus und den Nahen Osten nach Afrika fliegen, fallen in großer Zahl Wilderern zum Opfer.

In der Europäischen Vogelschutzrichtlinie ist der Weißstorch in Anhang I aufgeführt. Dort finden sich die besonders gefährdeten und schutzwürdigen Arten. Langfristig kann die Erhaltung des Weißstorchs und seiner Lebensräume nur durch eine Änderung der Landwirtschaftspolitik, etwa durch die Renaturierung von Feuchtwiesen, erreicht werden.

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