EuroNatur schlägt Alarm: Griechenland in Olympia-Euphorie vernachlässigt Naturschätze

Umweltstiftung EuroNatur kritisiert Verstöße gegen EU Richtlinien

Felsbogen auf Zakynthos
© Helmut Göthel

Presseinformation vom 25. Mai 2004

Athen/Radolfzell. Gleichzeitig mit den ersten Charterflügen, welche ab Anfang Mai Touristen auf die griechische Insel Zakynthos bringen, erreicht auch die Unechte Karettschildkröte die Insel, um an den Stränden ihre Eier abzulegen. Diese gehören zu den letzten verbliebenen Eiablagemöglichkeiten der Art im Mittelmeerraum. Nach Angaben der internationalen Umweltstiftung EuroNatur haben aber gerade jetzt die Mitarbeiter des Meeresnationalparks Zakynthos ihre Arbeit niedergelegt, da sie bereits seit zehn Monaten keinen Lohn mehr von der griechischen Regierung erhalten haben. "In der touristischen Hochsaison eine Katastrophe, da die Strände jetzt nicht mehr kontrolliert werden können", kritisiert Claus-Peter Hutter, Präsident von EuroNatur. Die Besucher zerstören die Gelege - meist unwissend - mit Liegestühlen und Sonnenschirmen.

Meeresschildkröten zählen zu den gefährdetsten Tieren der Welt. Die EU hat die Schildkröte daher unter besonderen Schutz gestellt: nach der FFH-Richtlinie müssen alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, um die Unechte Karettschildkröte und ihre Eiablageplätze zu schützen.

Doch Griechenland verstößt immer wieder gegen diese Auflage, obwohl es als EU-Mitglied verpflichtet ist, die Richtlinie auf nationaler Ebene umzusetzen. Das griechische Umweltministerium, das eigentlich für die strenge Durchsetzung der EU-Richtlinie zuständig wäre, scheint derzeit zu beschäftigt mit den olympischen Spielen, um sich mit der Situation auf Zakynthos auseinander zu setzen. Nach Ende der Spiele dürften die Schäden an einem der wichtigsten Eiablageplätze der Unechten Karettschildkröte jedoch irreversibel sein.

Die vor Ort tätige Schildkrötenschutzorganisation Medasset erstellt regelmäßig Berichte über die Situation auf Zakynthos, die sie an die EU-Kommission weiterleitet. 1998 wurde Griechenland vor dem Europäischen Gerichtshof angeklagt, weil es seinen Verpflichtungen zum Schutz der Meeresschildkröte nicht nachkam. Daraufhin wurde der erste Meeresnationalpark Griechenlands mit eigener Verwaltung eingerichtet. Trotz des Drucks durch die EU dauerte dieser Prozess rund zwei Jahre. Der für den Park erstellte Managementplan weist Bereiche aus, die von intensiver touristischer Nutzung und weiteren Baumaßnahmen ausgeschlossen sind. Die Einhaltung des Planes wird von Rangern kontrolliert, so dass die Strandabschnitte, die von der Schildkröte genutzt werden, geschützt sind. Die Situation verbesserte sich zwischen 2001 und 2003 zunehmend, und auch die einheimische Bevölkerung, die der Einrichtung des Parks ablehnend gegenüber gestanden hatte, konnte - nicht zuletzt durch langwierige Überzeugungsarbeit der Parkverwaltung - für die Idee gewonnen werden.

Nicht aber die griechische Regierung: Im Olympiajahr kommt das Land seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nach und zahlt weder Mittel, die es selbst zugesagt hat, noch Mittel, die der Parkverwaltung im Rahmen von EU-Förderungen zustehen würden, aus. Dies ist der Grund dafür, dass die Mitarbeiter auf Zakynthos keine Löhne bekommen. "Im Olympia-Jahr, in dem alle Augen auf Griechenland gerichtet sind, vernachlässigt das Land seine Natur und bezahlt nicht einmal die Nationalparkwächter", betont Hutter.

Doch nicht nur auf Zakynthos ist die Situation verheerend. Die Finanzsperre in Sachen Natur wirkt sich auch auf andere griechische Nationalparke aus. Trotz Zusagen der griechischen Regierung, den Aufbau von 27 sogenannten "Management Bodies", die für die langfristigen Planungen innerhalb des Parks zuständig sind, zu unterstützen, haben im Olympiajahr für das Umweltministerium andere Dinge Vorrang.

Um die Naturschätze Griechenlands - sei es das Nestos Delta im Nord-Osten des Landes, die wenigen verbliebenen Mönchsrobben bei den Nördlichen Sporaden Inseln oder aber die Eiablageplätze der Unechten Karettschildkröte - dauerhaft zu sichern, bedarf es jedoch weitreichender Maßnahmen. So muss eine Stelle innerhalb des Umweltministeriums eingerichtet werden, welche die Arbeit aller Nationalparkverwaltungen koordiniert und mehrjährige Pläne für die Finanzierung der einzelnen Parks erstellt. Im Falle eines Verstoßes gegen den Managementplan eines Parks kann die Parkverwaltung bisher selbstr keine Strafe erheben, sondern muss sich an die zuständigen Stellen wie etwa die Forstverwaltung oder die Baubehörde wenden. Die Parkverwaltungen müssen daher mit weitreichenden Rechten ausgestattet werden.

 

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