Die Naturschützerin Daniela Zaec aus Nordmazedonien im Interview

Sie will Prespa als einen lebenswerten Ort erhalten: Die Naturschützerin Daniela Zaec aus Nordmazedonien.
© MESDaniela Zaec liebt den Prespa-See – eine der südlichsten Perlen am Grünen Band Europa. Nach einigen Jahren in der Hauptgeschäftsstelle der Macedonian Ecological Society (MES) in Skopje kehrte die Ökologin zurück in ihre Heimat im Dreiländereck. Dort leitet sie den Stützpunkt der MES direkt an der Grenze zu Albanien und Griechenland nach dem Motto: Grenzen trennen, Natur verbindet!
Was lieben Sie so sehr an der Prespa-Region?
Daniela Zaec: Ich bin hier geboren, ich fühle mich sehr verbunden mit diesem Ort. Er ruft in mir so viele gute Erinnerungen hervor: an meine Kindheit, Ausflüge mit meiner Familie, mit meinen Schulfreunden. Für mich bedeutet Prespa einfach zu Hause.
„Am meisten berührt mich diese raue Schönheit. Darin liegt der besondere Charme der Prespa-Region.“
Ezerani zum Beispiel ist ein Feuchtgebiet an der Nordküste des Prespa-Sees und ein Paradies für Vögel. Es ist so wild dort und es gibt so viel zu beobachten. Ezerani ist ein Mosaik aus vielen Lebensräumen – du bist umgeben von Bäumen, dem Fluss, dem See… Es fliegen immer Vögel über dir in der Luft. Das ist einfach überwältigend.

Stille, Weite, Wasser: Der Prespa-See ist eine Reise wert.
© Roland KnauerHaben Sie Sorge, die wilde Schönheit von Prespa könnte verloren gehen?
Daniela Zaec: Ja, die größte Gefahr liegt darin, dass wir, die wir in der Prespa-Region leben, diese Schönheit für selbstverständlich nehmen und uns nicht bewusst ist, wie sehr wir sie mit unserem Verhalten in Gefahr bringen. Die Leute müssen darauf aufmerksam gemacht werden. Fast jeden Tag entstehen hier neue Apfelplantagen – auch in Schutzgebieten. Es wird viel mehr gespritzt als notwendig wäre. All diese Schadstoffe landen im See. Genauso schädlich ist der Abbau von Sand an den Stränden des Prespa-Sees. Viele Gebiete, die ich aus meiner Kindheit noch als wilde Schönheiten in Erinnerung habe, sind mit Sommerhäusern verbaut oder eben Apfelplantagen geworden.
„Es tut weh zu sehen, wie alles zerstört wird. Das macht mich traurig.“
Warum ist internationale Unterstützung so wichtig, um Prespa als lebenswerten Ort zu erhalten?
Daniela Zaec: Wir bekommen keine Hilfe von den Regierungen, sondern wir müssen selbst sehen, wie wir unsere Naturschutzaktivitäten finanzieren. EuroNatur hat den Wert der Prespa-Region von Anfang an erkannt und war immer da, um uns zu helfen: fachlich und finanziell.
„Ich schätze am meisten, dass ihr wirklich zu uns kommt, mit uns redet und zuhört. Ihr sagt nicht: ‚Hier ist unser Konzept, setzt das um‘, sondern ihr seht unsere Vision und helft uns, diese Vision zu verwirklichen. So etwas findet man selten.“
Wie steht die lokale Bevölkerung zu den Naturschutzbemühungen?
Daniela Zaec: Was uns Nichtregierungsorganisationen hier am meisten im Weg steht ist das Bild, das die Leute im Kopf haben. Sie denken, wir machen nur irgendwelche Projekte, um Geld einzustreichen und dann verschwinden wir wieder. Wir haben eine Geschäftsstelle der MES in Prespa eröffnet, damit die Menschen sehen, dass wir langfristig mit ihnen zusammenarbeiten wollen, um die Region zu einem lebenswerten Ort für alle zu machen.

Der Prespa-See bietet Naturliebhabern besondere Highlights. Im Bild: Krauskopfpelikane.
© Jiří MíchalWas bedeutet das?
Wir wollen mit unseren Naturschutzmaßnahmen auch positive Effekte für die Menschen bewirken, zum Beispiel indem sich ihnen über Naturtourismus neue Jobmöglichkeiten eröffnen. Wir sitzen nicht im Büro und denken uns Konzepte aus. Wir wollen wissen, was die Leute brauchen, was sie wissen und wie wir das mit unseren Naturschutzzielen kombinieren können. Ebenso wenig wollen wir die Menschen mit Geld stimulieren. Vielmehr wollen wir erreichen, dass sie unsere Vision teilen und wirklich dahinter stehen.
„Wir könnten zum Beispiel den Privatbesitzern Geld für ein Jahr geben, damit sie die Feuchtwiesen mähen, aber dann werden sie es auch nicht länger als ein Jahr lang machen.“
Wir wollen lieber ein wirkliches Umdenken, ein Bewusstsein für die Natur erreichen und nachhaltige Erfolge erzielen. Dafür brauchen wir dauerhafte Unterstützung.
Ist dieses Umdenken schon ansatzweise erkennbar?
Daniela Zaec: Ja, aber es braucht viel Zeit und Geduld. Am meisten freut es mich, wenn Menschen in unser Büro kommen, die einen verletzten Vogel gefunden haben, nach Tipps für Ausflüge in die Region fragen, sich über unsere Arbeit informieren oder Fälle von Naturzerstörung melden. Das zeigt, wir bewegen etwas: Die Menschen fangen an, über diese Dinge nachzudenken!
Wie wichtig ist die grenzübergreifende Zusammenarbeit mit Albanien und Griechenland?
Daniela Zaec: Sehr wichtig! Wir wussten, wenn wir wirklich etwas bewirken wollen, dann müssen wir über die Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten und brauchen gemeinsame Ziele. Das ist ein großer Fortschritt, denn lange Zeit gab es kaum internationale Kontakte zwischen den Naturschützern der drei Länder, vor allem aufgrund der politischen Situation.
„Gemeinsam mit den Kollegen in Griechenland und Albanien entwickeln wir heute Naturschutzziele, helfen uns gegenseitig und tauschen unser Wissen aus.“
Mit jeder unserer Aktivitäten versuchen wir, die Menschen aus den drei Ländern zusammenzubringen. Uns verbindet so viel, wir teilen den See, die Berge, wir wohnen nah beieinander. Die Natur bringt uns zusammen.
Daniela Zaec, herzlichen Dank für das Gespräch!
Interview: Katharina Grund