Ein Interview mit Jovana Janjušević und Zenepa Lika


Sie engagieren sich seit Jahren für die Saline Ulcinj: Jovana Janjušević von CZIP (Bild oben) und Zenepa Lika von der MSJA.
© MSJAIm Sommer 2019 wurde die Saline Ulcinj als Schutzgebiet ausgewiesen. Unsere montenegrinischen Mitstreiterinnen beschreiben die Situation gut ein Jahr nach diesem großen Zwischenerfolg. Es ist längst nicht alles gut im Vogelparadies. Jovana Janjušević vom Zentrum für Vogelschutz und -forschung (CZIP) und Zenepa Lika von der Dr. Martin Schneider-Jacoby Gesellschaft (MSJA) sind besorgt, doch die internationale Unterstützung gibt ihnen Hoffnung.
Die Saline Ulcinj ist seit 2019 Schutzgebiet, der öffentliche Druck hat gewirkt. Braucht es die internationale Unterstützung weiterhin?
Zenepa Lika (MSJA): Absolut, jetzt mehr denn je! Die internationale Aufmerksamkeit hat ausreichend Druck auf die Regierung erzeugt, sich dem Schutz der Saline zu widmen. Endlich wurden wir gehört. Jetzt müssen wir erreichen, dass die Regierung ein für alle Mal die Eigentumsverhältnisse klärt*. Nur dann wird sich ein Investor finden, der in die Salzgewinnung finanziert. Nur dann können wir wirklich helfen, die Saline wieder instand zu setzen, um sie für die Menschen und für die Vögel wieder attraktiv zu machen.
*Anm. der Red.: Eine Analyse von Transparency International Montenegro belegt, dass der Salzgarten dem Staat Montenegro gehört und kein Privatland ist. Eine abschließende Entscheidung des Gerichts wird aber seit Jahren verschleppt.
Ist die Saline denn nicht mehr attraktiv für Vögel? Wie sieht es dort gerade aus, mit welchen Gefühlen gehen Sie durch das Gelände?
Lika: Auf der einen Seite ist die Saline Ulcinj endlich formal geschützt und darüber bin ich sehr glücklich, aber auf dem Terrain ist die Lage alles andere als gut.
„Über die Hälfte der Salzbecken ist komplett trocken gefallen. Dadurch gibt es weniger Nahrung für die Vögel.“ Zenepa Lika, MSJA
Täglich wird die notwendige Sanierung der Saline samt der Schleusen, Deiche und Kanäle teurer. Das macht mir große Sorgen.
Ist es bereits offensichtlich, dass die Vielfalt der Vogelwelt in der Saline Ulcinj verschwindet?
Jovana Janjušević (CZIP): Ja, das ist es. Unsere Ornithologen führen regelmäßige Zählungen durch und ihre Daten zeigen, dass sich das Ökosystem der Saline auf dramatische Weise zum Schlechteren verändert. Die Trümmer der früheren Salzfabrik sind überall verstreut und wir konnten gerade noch Nistboxen mit Blauracken-Küken darin retten. Die Pfosten, an denen die Boxen aufgehängt waren, sollten als Altmetall verscherbelt werden.
Was macht Ihnen am meisten Sorgen, wenn Sie an die Zukunft der Saline denken?
Janjusević: Unsere größte Sorge ist, dass der Naturpark ein Papiertiger bleibt oder Menschen mit dem Management betraut werden, die weder kompetent noch daran interessiert sind, die ökologische Vielfalt der Saline zu bewahren.
Was ist die nächste Hürde, die wir nehmen müssen?
Janjusević: Zunächst braucht es ein Notfallpaket aus dringenden Reparaturen, bei denen wir die Gemeinde Ulcinj unterstützen wollen. Die Saline und das geschädigte Ökosystem müssen wieder hergestellt werden. Das ist eine kostspielige Maßnahme, aber dringend erforderlich.
Was gibt Ihnen Hoffnung und was ermutigt Sie, sich weiter für die Saline Ulcinj zu engagieren?
Janjusević: Die Geschichte der Saline Ulcinj ist eine Geschichte der Verbundenheit: Wir schützen einen wertvollen Lebensraum für Zugvögel auf der Adria-Zugroute. Gleichzeitig verbindet das Engagement für die Saline Menschen in ganz Europa miteinander und mit der Natur. Immer, wenn wir in der Vergangenheit gestrauchelt sind, gab es Hände, die uns wieder aufgeholfen haben.
„Es gibt uns Kraft zu wissen, dass die Saline Ulcinj nicht nur in Montenegro Freunde hat, sondern in ganz Europa.“ Jovana Janjušević, CZIP
Lika: Es ist unglaublich befreiend und motivierend, gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten und zu sehen, dass diese Arbeit Früchte trägt. Wenn ich heute durch die Saline gehe, dann laufe ich durch ein offiziell geschütztes Gebiet, für das über 20 Jahre lang so viele Menschen gekämpft und über Hunderttausend unterschrieben haben. Wir arbeiten für die Erhaltung eines unglaublich wichtigen Gebietes der Biodiversität Europas. Zugleich schützen wir mit dem Kulturschatz Saline Ulcinj eine Quelle der Identität für künftige Generationen. Das lohnt sich, auch wenn es uns schwer gemacht wird.
Interview: Katharina Grund