Biokraftstoffe benötigen differenzierte Einsatzgebiete

Zwei Sonnenblumen vor sonnigem Himmel
© Gunther Willinger

Pflanzenölkraftstoffe in der Landwirtschaft sichern Nahrungsmittelversorgung und schützen Klima

 

Presseinformation vom 12. September 2012

 

Radolfzell.   „Die Beimischung von Biokraftstoffen im Verkehrssektor kann weder das knapp werdende fossile Öl abfedern noch trägt sie wesentlich zum Klima- und Umweltschutz bei“, sagt Lutz Ribbe, Manager des ZIM-NEMO Netzwerkprojekts agrarANTRIEB und Naturschutzpolitischer Direktor von EuroNatur. Deshalb sei die Entscheidung der EU-Kommission, bei den Biokraftsoffen „auf die Bremse zu treten, richtig und überfällig“. Gleichzeitig sei es jedoch falsch, alle potentiellen Einsatzgebiete von Biomasse pauschal zu verdammen, „genaues hinsehen und differenzieren ist angesagt“. So sei z.B. der Einsatz von reinen Pflanzenölkraftstoffen in ausgewählten Bereichen wie der Landwirtschaft oder in umweltsensiblen Gebieten durchaus sehr sinnvoll. Für die Personenmobilität und den Transportsektor hingegen seien Alternativen zur Biomasse zu suchen. Der Gesetzesentwurf der EU, in dem von einer Senkung des Biokraftstoffanteils der ursprünglich geplanten zehn
auf fünf Prozent im Jahr 2020 die Rede ist, sei deshalb aus ökologischer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, löse das Problem im Kern aber nicht.

Benötigt werde vielmehr ein Mix aus Erneuerbaren Energien, der für verschiedene Anwendungsbereiche die besten Möglichkeiten bereit hält. „Im Tank der Traktoren sind reine Pflanzenölkraftstoffe eine hoch sinnvolle Lösung, weil nur so dauerhaft die Nahrung für den Teller krisensicher und unabhängig produziert werden kann.“ Wir wollen und müssen weg vom fossilen Öl, auch in der Landwirtschaft. Die Landwirte erwirtschaften auf ihren Feldern eines der wesentlichsten Grundbedürfnisse jeder Gesellschaft: die Ernährung für Mensch und Tier, doch dafür benötigen auch sie Energie. „Pflanzenölkraftstoffe sind hier die einfachste, logischste und sinnvollste Einsatzvariante.“

Länder, die heute wie künftig durch zunehmende Verknappung und Teuerung keinen Zugang zum fossilen Öl haben, erhielten gerade mit selbst produzierten Pflanzenölkraftstoffen erst die Teilhabe an einer effektiven Landwirtschaft mit entsprechend höheren Erträgen bei reduziertem Energieeinsatz. Für die Fütterung von Zugtieren wie Pferden und Ochsen wurden einst ca. 25 Prozent der Ackerfläche benötigt. Für den Energiebedarf von Traktoren, die mit reinen Pflanzenölen betrieben würden, würde die deutsche Landwirtschaft hingegen nur rund zehn Prozent der Fläche benötigen; zwei Drittel der entsprechenden Ernte stünden zudem als hochwertiges, eiweißreiches Tierfutter zur
Verfügung und würden Importe z. B. aus den Regenwäldern Brasiliens ersetzen. Für die heimische Kraftstoffproduktion werden somit rund drei bis vier Prozent der Ackerfläche benötigt. Weltweit reichen die Ackerflächen für eine nachhaltige Produktion.

„Ob der Anteil der Biokraftstoffe im Verkehrssektor nun bei zehn oder fünf Prozent liegt, wie von der EU-Kommission geplant, ist nicht entscheidend. Wir können damit unsere Mobilität nicht erhalten.“ Die Biokraftstoffe im Bereich der Mobilität haben sich als Fehlentwicklung erwiesen, es sei zu begrüßen, dass die EU-Kommission dies erkannt habe. Nun sei es an der Zeit, differenziert und detailliert umweltverträgliche Anwendungsbeiche unter die Lupe zu
nehmen.

Hintergrundinformationen:

agrarANTRIEB ist ein vom Bundeswirtschaftsministerium (BmWi) gefördertes ZIM-NEMO Netzwerkprojekt mit dem Ziel, reine Pflanzenöle als Kraftstoffe in der Landwirtschaft zu implementieren und damit die Wiederbelebung des Bio-Reinkraftstoffmarktes zu fördern. Verschiedene Branchenteilnehmer sind hierzu als Netzwerkpartner versammelt und arbeiten an dem Konzept Hofeigenes Pflanzenöl – Wir füttern unsere Schlepper selbst. Koordiniert
wird agrarANTRIEB von der Naturschutzstiftung EuroNatur.
Kontakt:

Lutz Ribbe, ZIM-NEMO Netzwerkprojekt agrarANTRIEB, Konstanzer Straße 22 – D-78315 Radolfzell, Lutz.Ribbe@euronatur.org



 

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