Wie fit ist Europa in Sachen Naturschutz?

Segelfalter auf Obstblüten

Segelfalter

© EuroNatur

 

EU-Kommission präsentiert erste Zwischenergebnisse des „Fitness-Checks“ +++ EuroNatur fordert bessere Umsetzung der europäischen Naturschutzrichtlinien

 

Presseinformation vom 18. November 2015
 

Radolfzell.  Am 20. November wird EU-Umweltkommissar Karmenu Vella auf einer Konferenz in Brüssel erste Zwischenergebnisse des „Fitness Checks“ der europäischen Naturschutzrichtlinien vorstellen (hier geht es zum Live-Stream der Konferenz). Ein von der EU-Kommission beauftragtes Expertengremium hat bereits erste Schlussfolgerungen im Vorfeld der Konferenz veröffentlicht. „Der Expertenbericht bestätigt unsere Forderung, dass die EU-Naturschutzrichtlinien keinesfalls aufgeweicht werden dürfen. Doch das allein reicht nicht. Denn die mangelnde Umsetzung der Richtlinien ist nach wie vor die entscheidende Großbaustelle, vor allem weil eine ausreichende Finanzierung fehlt.  Zudem braucht es dringend ergänzende Maßnahmen in anderen Politikbereichen. Insbesondere die Agrarpolitik muss sich viel stärker als bisher an den Biodiversitätszielen ausrichten“, kommentiert Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der international tätigen Naturschutzstiftung EuroNatur die Zwischenergebnisse des Fitness-Checks.

Zwar gibt es in Teilbereichen Fortschritte bei der Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Europäischen Vogelschutzrichtlinie, besonders was die Vervollständigung des Natura 2000-Netzwerks angeht. Doch viele Natura 2000-Schutzgebiete sind bisher in erster Linie Papiertiger! In der Praxis gibt es noch erheblichen Nachholbedarf. So wurden nur für rund 30 Prozent der Vogelschutzgebiete und für rund 40 Prozent der FFH-Gebiete Managementpläne verfasst. In Deutschland existiert bislang nur für rund jedes dritte Natura 2000-Gebiet ein Managementplan. Die Umsetzung konkreter Schutzmaßnahmen ist also in vielen Fällen Fehlanzeige.

Nach Ansicht von EuroNatur ist das kein Wunder: „Europas Natur kann nur wirksam geschützt werden, wenn für den Naturerhalt auch Geld bereitgestellt wird. Ein eigener Fonds zur Finanzierung von Ausweisung und Management der Natura 2000-Gebiete ist längst überfällig“, sagt Gabriel Schwaderer. Derzeit müssen die mit rund sechs Milliarden Euro kalkulierten Kosten vorrangig von den Mitgliedsstaaten aufgebracht werden, obwohl die EU-Kommission versprochen hatte, die entsprechenden Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Dazu sind die Mitgliedsstaaten aber allein nicht in der Lage. Hinzu kommt, dass dieser Betrag auf einer inzwischen mehr als zehn Jahre alten Schätzung beruht und heute von einem deutlich höheren Mittelbedarf auszugehen ist.

EuroNatur fordert deshalb, dass eine alte Forderung aufgegriffen wird: Endlich einen eigenen Haushalt für das Management des europäischen Naturschutznetzwerkes zu schaffen. Zum Beispiel durch eine massive Aufstockung des LIFE-Programms der EU, das bisher nur einzelne Umweltprojekte fördert. Schließlich bringt das Natura 2000-Netzwerk in Form von Ökosystemdienstleistungen (z.B. Hochwasserschutz oder das Bestäuben von Obstblüten durch Insekten) einen erheblichen Gegenwert für die Menschen in Europa. Jährlich wird dieser auf 200 bis 300 Milliarden Euro geschätzt. Die lokale Wirtschaft würde von einem intakten Natura 2000-Netzwerk mit 50 bis 85 Milliarden Euro pro Jahr profitieren.

Gemeinsam mit 19 weiteren Mitgliedsorganisationen des Europäischen Habitat Forums hat EuroNatur ein Positionspapier verabschiedet. Darin fordern die Verbände unter anderem, die Naturschutzrichtlinien nicht nur zu erhalten, sondern künftig konsequenter umzusetzen als bisher und dafür die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen.



Hintergrundinformationen:

  • Seit Anfang des Jahres stehen die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und die Europäische Vogelschutzrichtlinie auf dem Prüfstand. Damit will die EU-Kommission nach eigener Aussage feststellen, ob die derzeit geltende europäische Gesetzgebung geeignet ist, die hohen Umwelt- und Naturschutzziele der Europäischen Union zu erreichen. Auf der Konferenz am 20. November 2015 werden erste Zwischenergebnisse des sogenannten „Fitness-Checks“ präsentiert. Im nächsten Jahr sollen die daraus gezogenen Schlüsse folgen.
  • Positionspapier von EuroNatur und weiteren Mitgliedsorganisationen des Europäischen Habitat Forum

 

Rückfragen: EuroNatur, Konstanzer Str. 22, 78315 Radolfzell, Tel.: 07732 - 92 72 10, Fax: 07732 - 92 72 22, E-Mail: info@euronatur.org, Internet: www.euronatur.org, Ansprechpartner: Gabriel Schwaderer, Pressekontakt: Katharina Grund
 

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