Ein Meilenstein: Bankengipfel in Belgrad zum Schutz der Balkanflüsse

++ Mehr Transparenz bei Finanzierung von Wasserkraft notwendig ++ Treffen von Banken und Aktivisten ein Schritt zum Schutz der Balkanflüsse ++

Die Tara in Montenegro ist eine der Flussperlen auf dem Balkan.

© Riverwatch

Kraftwerksbau an der Sana, Bosnien-Herzegowina

© Matic Oblak

Rund 3.000 Wasserkraftwerke sind auf der Balkanhalbinsel geplant. Ihr Bau würde das "Blaue Herz Europas" zerstören.

© FLUVIUS / EuroNatur / Riverwatch

Belgrad. Vertreter der Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ haben zu einem Gipfeltreffen zwischen Banken und Naturschutzaktivisten nach Belgrad geladen. Bei den Gesprächen am runden Tisch wurde über die Rolle der Kreditinstitute bei der Zerstörung der Balkanflüsse durch Wasserkraftwerke diskutiert.
Der Bankengipfel wurde von der in London ansässigen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (engl: EBRD) und der Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ initiiert, um das brisante Thema der Wasserkraftentwicklung auf dem Balkan zu erörtern. Vertreter einiger der größten europäischen Kreditgeber, darunter UniCredit, Erste Groupe und Societe Generale, nahmen am Gipfel teil.

Bei der Diskussion ging es unter anderem darum, wie die Finanzinstitute die Öffentlichkeit frühzeitig über die voraussichtlichen ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Darlehen für Wasserkraftprojekte informieren können, um die Zerstörung der in großen Teilen noch unberührten Balkanflüsse zu vermeiden. Zahlreiche Investitionen in der Region haben bereits dazu geführt, dass Flüsse ausgetrocknet und bedrohte Arten verschwunden sind sowie Lebensräume unwiederbringlich zerstört wurden. Darüber hinaus sind durch den Bau der Kraftwerke viele Gemeinden mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlagen konfrontiert worden – all dies begleitet von mangelnder Transparenz bei den Bauprojekten.

Die Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ fordert die Banken auf, die Finanzierung von Projekten, die sich in Schutzgebieten und an anderen wertvollen Flussabschnitten befinden, unverzüglich einzustellen. Darüber hinaus soll es strengere Bedingungen für Kreditvergaben geben und die finanziellen Mittel für mehr Energieeffizienz sowie den Ausbau anderer erneuerbarer Energiequellen sollen aufgestockt werden. Deren Potential in der Region ist bisher weitestgehend ungenutzt. Der Gipfel in Belgrad ist eine Reaktion auf den großen öffentlichen Druck des vergangenen Jahres. Vertreter der Kampagne haben im Juni 2018 der EBRD mehr als 120.000 Unterschriften überreicht. In dieser größten öffentlichen Petition aller Zeiten zu Energiefragen wurde gefordert, die Mittel für Wasserkraftprojekte, die in Schutzgebieten Südosteuropas geplant sind, zu stoppen. Als einer der größten Geldgeber von Wasserkraftprojekten auf dem Balkan hat die EBRD 61 Staudämme finanziert. In der gesamten Region sind bis zu 3.000 Wasserkraftwerke geplant.

Igor Vejnovic, Koordinator des Bereichs Wasserkraft für CEE Bankwatch Network, sagt: „Transparenz ist ein Eckpfeiler für Demokratie sowie für umweltbewusste und sozial verantwortliche Investitionen. Ohne sie gehen Banken rechtliche sowie Reputationsrisiken ein. Das heutige Treffen ist also ein Zeichen dafür, dass Finanzinstitute bereit sind, zuzuhören. Allerdings bleibt die Frage offen, ob sie nun handeln werden, um Flüsse und betroffene Bevölkerung des Balkans zu schützen."
Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der international tätigen Naturschutzstiftung EuroNatur, sagt: „Die Zerstörung der Balkanflüsse durch Wasserkraft wäre nicht nur ökologisch verheerend, sondern auch energiepolitisch unsinnig. Eine Transformation der gesamten Energiepolitik ist dringend erforderlich: Reduzierung des Energieverbrauchs, Steigerung der Energieeffizienz, Reduzierung großer Energieverluste und Investitionen in Solar- und Windkraft anstelle von Wasserkraft."
Ulrich Eichelmann von Riverwatch sagt: „Zwei Jahre lang haben wir den ökologischen Wert der Balkanflüsse im Detail untersucht. Das Ergebnis ist ein Raumplan, der Tabuzonen für neue Wasserkraftwerke definiert – der Öko-Masterplan für die Balkanflüsse. Unsere Untersuchungen belegen, dass das Flussnetzwerk in Europa unvergleichlich ist: 76 Prozent der Flüsse sind von solch hohem Wert, dass sie Tabuzonen für Wasserkraft sein müssen. Die Banken müssen in diesen Gebieten die Finanzierung von Wasserkraftwerken stoppen.“

 

Hintergrundinformationen:

  • Kampagne zur Rettung der Balkanflüsse: Ungefähr 3.000 neue Wasserkraftwerke sind derzeit zwischen Slowenien und Albanien in Planung oder im Bau. Um dieser Welle der Zerstörung entgegenzutreten, haben die Naturschutzorganisationen EuroNatur und Riverwatch zusammen mit lokalen Partnern in den Balkanländern die Kampagne „Save the Blue Heart of Europe“ ins Leben gerufen.

 

Rückfragen:

Anja Arning, EuroNatur
anja.arning(at)euronatur.org
+49 (0)7732 - 927213

Igor Vejnovic, CEE Bankwatch Network
igor.vejnovic(at)bankwatch.org
+420 777 995 515

Ulrich Eichelmann, Riverwatch
ulrich.eichelmann(at)riverwatch.eu
+43 676 6621512



Mitmachen und dabei sein - werden Sie aktiv

Spende

Zukunft braucht Natur. Wir setzen uns für sie ein. Bitte nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, um zu helfen. Ihre Spende ist ein wirkungsvoller Beitrag für eine lebenswerte Umwelt.

Fördermitgliedschaft

EuroNatur setzt auf langfristig angelegte Naturschutzprojekte statt Schnellschüsse. Mit Ihren regelmäßigen Spendenbeiträgen geben Sie uns die dafür nötige Planungssicherheit.

Aktuelles

Mega-Staudamm Skavica: Albanisches Gericht prüft Sondergesetz für US-Bauunternehmen Bechtel

++ Verfassungsbeschwerde von NGOs zur Verhandlung zugelassen ++ Erster Meilenstein im Kampf gegen einen der größten Stauseen Europas ++ Tausende von…

Gegenwind für albanischen Flughafen wird stärker

++ Berner Konvention fordert Albanien auf, den Flughafenbau nahe der Narta-Lagune zu stoppen ++ Großprojekt im Vjosa-Delta gefährdet tausende Zugvögel…

EU-Kommission nimmt den Wolf ins Visier

Ursula von der Leyen warnt vor angeblich „gefährlichen Wölfen“ – Naturschutzorganisationen kritisieren irreführende Aussagen und unseriöse…

Rumänische Urwälder: EuroNatur fordert Abholzungsmoratorium

+++ Offener Brief an Kommissar Sinkevičius fordert Moratorium für Holzeinschlag in Schutzgebieten, um Zerstörung der rumänischen Wälder zu stoppen +++…

Umstrittener Flughafenbau in albanischem Schutzgebiet wirft Schatten bis München

++ Betreiberfirma Munich Airport International (MAI) steht in Verbindung mit illegalem Flughafen Vlora ++ Bau entsteht in Schutzgebiet mit besonderer…

Schwimmen für die Mönchsrobbe

Die kroatische Freiwasserschwimmerin Dina Levačić ist in der Adria im potentiellen Mönchsrobbenrevier geschwommen. Mit der Aktion wollte sie auf die…

Wolfnachwuchs im Schwarzwald bestätigt

++ Fotofallenbild aus der Gemeinde Schluchsee liefert Nachweis für Nachwuchs ++ Erstes Wolfsrudel seit über 150 Jahren in Baden-Württemberg ++

Maßnahmen an der Oder völlig unzureichend – Klage gegen Landesregierung

Ein Bündnis aus sieben Umweltverbänden hat Klage beim Oberverwaltungsgericht Berlin Brandenburg gegen den Bewirtschaftungsplan Oder und das…

Storchendorftreffen im polnischen Tykocin

Es war ein Jubiläum in feierlichem Zeremoniell: Zum 20. Mal kamen Vertreter der Europäischen Storchendörfer zusammen, zum ersten Mal in der polnischen…