Staudammflut bedroht Schutzgebiete auf dem Balkan

Das Österreichische Unternehmen ENSO Hydro baut ein Wasserkraftwerk im albanischen Nationalpark "Bredhi i Hotovës".

© Roland Tasho

113 Wasserkraftwerke in Nationalparken geplant

 

Gemeinsame Pressemitteilung von EuroNatur und Riverwatch


Wien, Radolfzell, 21.5.2015
.   Am kommenden Sonntag, dem 24.5. ist der "European Day of Parks", ein Tag an dem man die Naturschutzgebiete Europas feiert und ihre Vorzüge preist (www.europarc.org). Doch vor allem auf dem Balkan gibt es wenig Grund zum Feiern. Ganz im Gegenteil: Laut einer aktuellen Studie von Riverwatch und EuroNatur über Wasserkraftprojekte in Schutzgebieten, sind zwischen Slowenien und Albanien 535 Projekte in strengen Schutzgebieten geplant, davon allein 113 mitten in Nationalparken (untersucht wurden insgesamt 1.640 große, mittlere und kleine Wasserkraftwerke). Häufig mit Unterstützung von internationalen Unternehmen und Banken, vor allem aus der EU. " Damit sind nicht nur die Gebiete an sich bedroht, sondern auch der generelle Wert der Schutzkategorie. Welchen  Sinn hat die Marke ‚Nationalpark‘, wenn dort selbst Kraftwerke gebaut werden können?“, fragt Ulrich Eichelmann von Riverwatch.  

Naturschutzgebiete sollen die Natur und deren Artenvielfalt erhalten. Das gilt ganz besonders für Nationalparke, in denen jede wirtschaftliche Nutzung untersagt ist.  Doch das wird auf dem Balkan systematisch ignoriert - sowohl von EU-Mitgliedsstaaten wie Slowenien oder Kroatien, wie auch von EU-Beitrittskandidaten wie Albanien. 535 Wasserkraftprojekte sind mitten in Nationalparken, Biosphärenparks, UNESCO-Weltnaturerbegebieten, Ramsar-Schutzgebieten oder in Natura 2000-Gebieten in Planung. "Wasserkraftwerke haben in strengen Schutzgebieten, allen voran in Nationalparken, nichts verloren. Die Banken und Finanzinstitute sowie die Europäische Union müssen die Finanzierung von Wasserkraftwerken in Schutzgebieten sofort stoppen. Denn sonst sind sie wertlos und das Artensterben geht weiter", so Gabriel Schwaderer von EuroNatur. Die 535 geplanten Wasserkraftwerke bedeuten Zerstörung der Schutzgebiete durch den Bau von Staudämmen, Straßen, Stromleitungen und häufig auch die Ableitung des Wassers.

Die Projekte aufgeteilt nach Schutzgebieten:
* 113 in Nationalparken
*   23 in Biosphärenparks, Ramsar-  und Weltnaturerbegebieten
* 131 in Natura 2000-Gebieten
* 268 in strengen nationalen Schutzgebieten (Naturschutzgebiete, Emerald Sites)

Darüber hinaus liegen weitere 282 Wasserkraftprojekte in weniger strengen Schutzkategorien wie in Landschaftsschutzgebieten oder Naturparks. Nimmt man diese Kategorie dazu, sind insgesamt 817 Wasserkraftprojekte auf dem Balkan in Schutzgebieten geplant.

Und damit nicht genug: Viele der Projekte werden mit Hilfe internationaler Firmen und Banken geplant und gebaut, vor allem aus der EU. So auch in Mazedoniens  größtem Nationalpark, dem Mavrovo-Nationalpark. Dort sind 22 Wasserkraftwerke geplant, teilweise finanziert von Weltbank,  EBRD (European Bank for Reconstruction and Development) sowie der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau. Ein weiteres Beispiel ist der albanische Nationalpark " Bredhi i Hotovës ": Dort baut das österreichische Unternehmen ENSO Hydro aktuell mit finanzieller Hilfe der Österreichischen Entwicklungsbank (OeEB) und der Weltbank Wasserkraftwerke mitten im Nationalpark.


Weitere Informationen:

 

  • Die Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“: Der Balkanhalbinsel droht eine wahre Staudammflut. Mehr als 630 mittlere und große Wasserkraftwerke sind zwischen Slowenien und Albanien geplant (in dieser Summe sind die Kleinwasserkraftwerke nicht enthalten). Um der Zerstörung entgegen zu wirken, haben EuroNatur und Riverwatch gemeinsam mit Partnern aus den Balkanländern die internationale Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ ins Leben gerufen.  Mehr Informationen unter: www.balkanrivers.net/de





Ru?ckfragen:

Katharina Grund – EuroNatur: katharina.grund@euronatur.org  + 49 7732 92 72-10
Ulrich Eichelmann, Riverwatch, ulrich.eichelmann@riverwatch.eu, +43 6766621512

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