Unsere Meinung - Keine Staudämme an der Save

Sava River in Croatia Sava River in Croatia
© Mario Žilec

Warum die Save mehr braucht als nur Umweltschutz

Die Save bildet ein außergewöhnliches Flussökosystem, das mehrere Länder umspannt. Ihr Wert und ihr ökologisches Vermächtnis sind durch die Wasserkraft bedroht. Eine umsichtige Überarbeitung der EU-Richtlinie über erneuerbare Energie (Renewable Energy Directive, RED) ist daher ein unverzichtbares Sicherheitsnetz, nicht nur für den Fluss selbst, sondern auch für die Menschen am Fluss, deren Leben eng mit der Save und ihrem Naturerbe verbunden ist.

8. Februar 2022

Ökosophie und unsere Arbeit

Vor einigen Jahren stolperte ich über den Begriff Ökosophie, der unter anderem beschreibt, wie wichtig und wertvoll es ist, Menschheit und Natur als untrennbar zu verstehen. Der Begriff führt aus, dass sich verschiedene Gruppen von Menschen nicht nur anhand ihrer Persönlichkeit, ihres Aufwachsens und ihrer Kultur identifizieren, sondern auch anhand der Landschaft und Umwelt, in der sie leben. Dadurch fühlen sich Menschen nicht nur für sich selbst und ihre Mitmenschen verantwortlich, sondern auch für die Natur.

Als Mitarbeiterin einer Naturschutzorganisation kann ich dieses Gefühl von Verantwortung sehr gut nachempfinden. „Mensch und Natur verbinden“ ist ja sogar das Motto von EuroNatur! Und es fasziniert mich jeden Tag aufs Neue, wie unsere Partner und andere Menschen, die an (intakten) Flüssen in Europa leben, eine enge Beziehung zu ihnen haben, ohne sich darüber allzu viele Gedanken zu machen.

Save in Not

natürliche Viehhaltung an der Save

Wollschweine, wie sie typisch sind für die Save-Region, suchen in den Flussauen nach Nahrung.

© Martin Schneider-Jacboy

An der Save, einer meiner Haupt-Projektregionen, sehen wir, dass dieser Fluss nicht nur ein außergewöhnliches Fließgewässer ist, sondern auch ein schönes Beispiel für das Kulturerbe einer Region und die wechselseitigen Verbindungen von Landschaften, Volksgruppen und Menschen. Es gibt zahlreiche Initiativen und Bemühungen zum Schutz des Flusses. Fast zwei Drittel des Flusslaufes, 64 Prozent nämlich, haben in der einen oder anderen Form einen Schutzstatus. Das ist eine gute Basis für den Naturschutz und ein Zeichen der Wertschätzung für die Save. Es zeigt, dass sich die Menschen in ihrem Einzugsbereich mit ihrer natürlichen Umwelt identifizieren und dies auch in Taten umsetzen.

Andere Menschen sehen die Save aber leider vor allem als ungenutzte Ressource, insbesondere würden manche sie gerne zur Wasserkraftgewinnung einspannen. Eine Ursache für die Herausforderungen sind die vielen verschiedenen Rechtssysteme, unter die der Fluss fällt. Das Einzugsgebiet der Save erstreckt sich über fünf Staaten und in jedem gibt es unterschiedliche Behördenebenen, die für das Flussmanagement zuständig sind. Es gibt die internationale Ebene (die Sava River Basin Commission), die nationale Ebene mit verschiedenen Ministerien und Ämtern (z.B. Hrvatske vode), die regionale Ebene (Bezirksverwaltungen u.a.) und die lokale Ebene mit Stadt- und Gemeindeämtern. Außerdem umfasst der Fluss viele verschiedene Lebensräume, wie Auwälder und Feuchtwiesen, und steht in Verbindung zum Grundwasser, was die Zahl der Stakeholder noch weiter erhöht. Das erleichtert die Naturschutzbemühungen nicht gerade und so braucht es einen starken rechtlichen Rahmen, der ein nachhaltiges Flussmanagement sicherstellt.

Mein Musterbeispiel eines fragwürdigen Akteurs ist der aktuelle Minister für Umwelt und Raumplanung in Slowenien, Andrej Vizjak, der zuvor für das größte slowenische Wasserkraftunternehmen (HESS) tätig war. Er tritt offen für Wasserkraft als saubere Energiequelle auf; sein Ministerium versuchte sogar, das nationale Wasserrecht zu ändern und so die Vorgaben für die Kraftwerkserrichtung entlang aller Fließgewässer im gesamten Land aufzuweichen. Dieser Versuch scheiterte im Vorjahr glücklicherweise durch eine Volksabstimmung und eine breite Aufklärungskampagne für die Bevölkerung über die Naturschäden, die das Vorhaben der Regierung mit sich gebracht hätte.

Die EU, die Save und die Wasserkraft

Der Fluss Save

An vielen Abschnitten ist die Save noch ein natürlicher Flusslauf; auf knapp zwei Dritteln ihrer Länge ist sie geschützt.

© Kerstin Sauer
Wasserkraftwerk

Das Wasserkraftwerk Krško bei der slowenischen Stadt Brežice. Eines von vielen Kraftwerken am oberen Lauf der Save.

© Mario Žilec

Ein großer Teil des Flusslaufs der Save befindet sich in Slowenien und Kroatien, und damit stellen die Verordnungen und Richtlinien der EU die oberste Rechtsebene dar. Auch ihre Nachbarstaaten, die alle einen EU-Beitritt anstreben, orientieren sich an EU-Maßstäben für das Fluss- und Wassermanagement. Dementsprechend haben Entscheidungen auf EU-Ebene einen großen Einfluss auf die Politik in allen Ländern im Einzugsgebiet der Save. Die Überarbeitung der Erneuerbare-Energie-Richtlinie ist daher eine große Chance, das Blatt zugunsten der Klima- UND der Naturschutzziele zu wenden.

Der Mythos der sauberen Wasserkraft hält sich und so wird Wasserkraft immer noch als „grüne“ Energiequelle angepriesen, die keine größeren negativen Auswirkungen auf Fluss, Umwelt und Menschen habe. Es besteht ein Informationsdefizit sowohl in Teilen der breiten Bevölkerung als auch bei den Regierenden, die lange über die Folgen von Investitionen in die Wasserkraft falsch informiert wurden. Sie glauben immer noch, diese Form der Energiegewinnung wäre sauber, Hochwassermanagement sei nur durch Dämme möglich und Fischaufstiege würden gut funktionieren. Viele haben immer noch keine Vorstellung davon, wie verheerend und zerstörerisch die Errichtung und der Betrieb eines Kraftwerks ist – bis es zu spät ist. Noch weniger Menschen wissen von den negativen Folgen der Wasserkraft auf Tiere (vor allem Fische), Pflanzen, Landschaften, Sedimenttransport, Hochwasserrisiko, Erosion und Grundwasserschutz.

Leider reicht es nicht, die Menschen, vor allem die Entscheidungsträger, zu schönen Flüssen zu bringen und ihnen zu zeigen, was in Gefahr ist. Daher jetzt ein paar Zahlen: Knapp 20.000 Wasserkraftanlagen in der Europäischen Union lieferten 2019 nur 2% der gesamten Energieproduktion. Aber 100% der betroffenen Flüsse wurden zerstört, viele davon irreversibel.

Wissenschaftliche Studien beweisen, dass Wasserkraft weder sauber noch nachhaltig ist. Wenn unsere Regierungen diese Energieform als eine (pan-)europäische Lösung auswählen wollen, müssen sie sich der Konsequenzen bewusst sein.

Die Save
© Martin Schneider-Jacoby

Unser Motto: #RED4Nature

„Freiheit für die Save“ ist ein jahrzehntealter Slogan. EuroNatur und viele Naturschützer in der Save-Region bemühen sich seit den 1990ern (und davor) um den Schutz dieses Flusses.

#RED4Nature ist hingegen ein ziemlich neues Motto, aber ein sehr wichtiges, das wir ebenso hochhalten werden. Die Fallstricke der Wasserkraft müssen in der Revision der Erneuerbare-Energie-Richtlinie der EU berücksichtigt werden, sonst bleiben den Menschen keine Flüsse mehr, mit denen sie sich identifizieren können.

So wie die Klimawissenschaft ihre Botschaft unermüdlich wiederholt, so wiederholen wir auch unsere – für eine faire Energiewende. Wir fordern, dass die neue Erneuerbare-Energie-Richtlinie Wasserkraft nicht als nachhaltige Energiequelle einstuft. Dies wird künftige Bauvorhaben in kostbaren Naturerbegebieten wie der Save verhindern.

EuroNatur-Projektleiterin Tara Sukic
© Kerstin Sauer

Autorin: Tara Sukic ist Projektleiterin bei EuroNatur und der Save auch aufgrund ihrer biografischen Wurzeln besonders eng verbunden.

Wir freuen uns über eure Gedanken zum Blog-Beitrag. Schreibt Tara eine Mail mit eurer Meinung zu diesem Thema: tara.sukic(at)euronatur.org

 

Lesen Sie alle Beiträge unseres "Energy-Blogs"

Mitmachen und dabei sein - werden Sie aktiv
Spende

Zukunft braucht Natur. Wir setzen uns für sie ein. Bitte nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, um zu helfen. Ihre Spende ist ein wirkungsvoller Beitrag für eine lebenswerte Umwelt.

Fördermitgliedschaft

EuroNatur setzt auf langfristig angelegte Naturschutzprojekte statt Schnellschüsse. Mit Ihren regelmäßigen Spendenbeiträgen geben Sie uns die dafür nötige Planungssicherheit.

Aktuelles