Albanische Regierung unterzeichnet Erklärung zur Errichtung eines Vjosa-Wildflussnationalparks

++ Albanien markiert wichtigen Schritt für den Schutz der Vjosa ++ Regierung signiert Absichtserklärung für Europas ersten Wildfluss-Nationalpark ++

Umweltministerin und CEO Patagonia unterzeichnen MoU

Die Ministerin für Tourismus und Umwelt, Mirela Kumbaro, und der Geschäftsführer von Patagonia, Ryan Gellert, unterzeichnen eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit bei der Errichtung des Vjosa-Nationalparks.

© Nick St. Oegger
Kiesbänke an der Vjosa

Gilt bald die höchste Schutzkategorie für die gesamte Vjosa? Besonders artenreiche Flussabschnitte wie hier am Mittellauf der Vjosa wären dann sicher vor den zerstörerischen Folgen von Staudämmen.

© Gabriel Singer

Tirana, Radolfzell. Nach 10 Jahren intensiver Bemühungen durch Anrainergemeinden, Umweltschützer, Wissenschaftlerinnen sowie Kunstschaffende für einen dauerhaften Schutz der Vjosa und ihrer Nebenflüsse setzte die Regierung Albaniens heute einen historischen Schritt und unterzeichnete eine Erklärung, an der Vjosa einen Wildfluss-Nationalpark errichten zu wollen. Dieser Wildfluss-Nationalpark wird das gesamte Flusssystem der Vjosa von der Grenze zu Griechenland bis an die Adria unter Schutz stellen, einschließlich ihrer frei fließenden Nebenflüsse. Er wird der erste Nationalpark dieser Art in Europa sein.

Im Nationaltheater in Tirana versammelten sich heute Premierminister Edi Rama, Tourismus- und Umweltministerin Mirela Kumbaro, der CEO des Outdoor-Unternehmens Patagonia Ryan Gellert sowie internationale NGOs der Kampagne "Rettet das Blaue Herz Europas" zu einem Festakt, bei dem ein Memorandum of Understanding zwischen dem Ministerium und Patagonia öffentlich unterzeichnet wurde. Das ist ein entscheidender Schritt für die Bewahrung des letzten großen Wildflusses in Europa.

Die gemeinsame Absichtserklärung sieht vor:
• Die Vertragsparteien heben den Schutz der Vjosa auf das Niveau der Schutzgebietskategorie II (Nationalpark) nach den Kriterien der Weltnaturschutzunion (IUCN).
• Der Nationalpark soll die Vjosa und ihre frei fließenden Nebenflüsse umfassen.

Gemäß der Erklärung werden die Vertragsparteien innerhalb von 30 Tagen eine Arbeitsgruppe einrichten, die mit den Planungen für die Errichtung des Nationalparks beginnt. Der Park soll auch Besucherzentren, Rangerstellen sowie Wissenschafts- und Bildungsprogramme umfassen und neue wirtschaftliche Möglichkeiten für die lokalen Gemeinden bieten. Diese Pionierleistung der albanischen Regierung wird auch als Vorbild für viele andere Flüsse in der Region dienen; darunter der Aoos in Griechenland, Quellfluss der Vjosa auf griechischer Seite.

Besjana Guri, Sprecherin von EcoAlbania: „Es gibt zwar noch viel zu tun, bevor wir die Zukunft der Vjosa als gesichert ansehen können, aber heute wurde ein großer Meilenstein für Albanien und für Flussschützer weltweit gesetzt. Europas erster Wildfluss-Nationalpark ist seiner Realisierung einen großen Schritt nähergekommen.“

Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von Riverwatch: „Die Botschaft, die heute aus Tirana in die Welt geht, kann weit über die Vjosa hinausreichen. Das Konzept eines Wildfluss-Nationalparks, der nicht nur den Hauptstrom, sondern auch seine Nebenflüsse umfasst, ist einzigartig. An der Vjosa erleben wir ein neues Schutzmodell, das auch auf andere Flüsse in Europa angewendet werden kann, die von Verbauungsplänen bedroht sind. Für den Schutz unserer Natur müssen wir größer denken.“

Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur: „Die Europäische Union hat sich im Rahmen des European Green Deal das Ziel gesetzt, alle frei fließenden Flüsse in der EU zu schützen. Albanien geht mit der Entscheidung, die Vjosa und ihre Nebenflüsse als Nationalpark zu schützen, mit gutem Beispiel voran. Wir fordern die EU-Mitgliedstaaten dazu auf, ihre unverbauten Flussabschnitte zu schützen und die Konnektivität von Fließgewässer-Ökosystemen durch Renaturierung zu erhöhen.“

Ryan Gellert, CEO von Patagonia: „Die albanische Regierung hat heute Weitblick und Engagement bewiesen, indem sie der Welt ihre Absicht bekundet, etwas völlig Neues für den Schutz der Natur zu verwirklichen. In unserer langjährigen Partnerschaft mit den NGOs der Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ haben wir selbst erfahren können, wie außergewöhnlich die Vjosa ist. Wir fühlen uns geehrt, mit der Regierung und den NGOs zusammenzuarbeiten und unsere Fähigkeiten und unsere Expertise zur Errichtung des Vjosa-Wildflussnationalparks beizutragen.“

Hintergrundinformationen:

  • Die Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ dient dem Schutz von Flüssen mit besonders hohem Naturwert auf der Balkan-Halbinsel, die von mehr als 3.400 Wasserkraft-Projekten bedroht werden. Die Kampagne wird von den internationalen Naturschutzorganisationen Riverwatch und EuroNatur koordiniert und gemeinsam mit Partnerorganisationen in den Balkanländern umgesetzt. Der lokale Partner in Albanien ist EcoAlbania. Weitere Informationen unter https://balkanrivers.net/de.
  • Über die Vjosa/den Aoos 
    Die Vjosa in Albanien ist der letzte große Wildfluss in Europa außerhalb Russlands. Die Vjosa und ihre Nebenflüsse fließen frei von den Bergen in Griechenland, wo sie Aoos genannt wird, bis zur Adriaküste in Albanien. Dieses Wildnisgebiet besteht aus einem riesigen Mosaik verschiedener Lebensraumtypen, von den engen Schluchten im oberen Teil über die breiten, verzweigten Flussabschnitte im mittleren Teil bis hin zum naturnahen Delta an der Adria. Allein der mittlere Abschnitt besteht aus mindestens acht Lebensraumtypen, die auf EU-Ebene die höchste Bedeutung für die Erhaltung haben.
    Die Vjosa und ihre frei fließenden Nebenflüsse bilden ein Ökosystem mit einer beträchtlichen biologischen Vielfalt von nationaler und globaler Bedeutung. Die herausragenden landschaftlichen Werte des Tals sind das Ergebnis ungestörter natürlicher Prozesse. Das Ökosystem beherbergt mehr als 1.100 Tierarten, darunter 13, die weltweit bedroht sind. Diese ökologischen und kulturellen Werte bieten große Chancen für den Ökotourismus und andere wirtschaftliche Vorteile für die Menschen in der Region.
    Das Einzugsgebiet der Vjosa versorgt die Dörfer mit fruchtbarem Land für landwirtschaftliche Aktivitäten wie Ackerbau und Viehzucht. Der Fischreichtum und die Fischvielfalt sind für das Wohlergehen der lokalen Fischer vor allem im unteren Teil der Vjosa von entscheidender Bedeutung. Der Ökotourismus an der Vjosa und ihren Nebenflüssen nimmt ständig zu, vor allem in den letzten Jahren, in denen das Potential von Aktivitäten wie Rafting, Kanufahren und Schwimmen erkannt und ausgebaut wurde.
  • Die Kampagne wird unter anderem unterstützt von: Manfred-Hermsen-Stiftung.

Rückfragen:
Christian Stielow – EuroNatur, christian.stielow(at)euronatur.org, Tel.: +49 (0)7732 – 92 72 15
Ulrich Eichelmann – Riverwatch, ulrich.eichelmann(at)riverwatch.eu, +43 676 6621512
Besjana Guri – EcoAlbania, b.guri(at)ecoalbania.org, 0035/692954214

Mitmachen und dabei sein - werden Sie aktiv

Presseabo

Wählen Sie aus, zu welchem Ihrer Interessensgebiete Sie unsere Pressemitteilungen erhalten wollen.

Zum Presseabo

RSS-Feeds

Um alle Meldungen zu Ihren Wunsch-Themen zu erhalten, können Sie unsere RSS-Feeds abonnieren.

Zur Liste der RSS-Feeds

Aktuelles

Riesiger Erfolg: Die Vjosa ist Nationalpark

++ Heute wurde die Vjosa in Albanien zu Europas erstem Wildfluss-Nationalpark ausgerufen ++ EuroNatur, Riverwatch und viele weitere Partner haben…

Rumäniens Urwälder verschwinden – EU-Kommission muss eingreifen

++ Investigative Recherchen decken skandalöse Machenschaften in der Forstbranche auf ++ EuroNatur fordert strengen Urwaldschutz in Rumänien und ein…

Flamingos oder Flugzeuge: Proteste gegen Flughafen in Albanien

++ Weltfeuchtgebietstag lenkt Aufmerksamkeit auf globale Zerstörung von Flüssen, Seen, Mooren und Küsten ++ Große Protestaktion in Albanien gegen…

Vielfalt der Natur im Fokus

++ Internationaler EuroNatur-Fotowettbewerb 2023 startet ++ Runder Geburtstag für die „Naturschätze Europas“ ++

Weiterer Widerstand gegen albanischen Flughafenbau

Europäische Regierungen fordern die albanische Regierung auf, den Bau des Flughafens in der Narta-Lagune auszusetzen. Das Hauptargument: die…

Illegaler Flughafenbau: Umweltgruppen verklagen die albanischen Behörden

++ Klage gegen Bau des internationalen Flughafens Vlora wegen Unregelmäßigkeiten und Gesetzesverstößen ++ Flughafen stellt eine massive Bedrohung für…

Polnische Ausbaupläne könnten der Oder den Rest geben

++ Regierung in Warschau plant Ausbau des deutsch-polnischen Grenzflusses ++ Naturschutzorganisationen reichen Beschwerde bei EU ein ++…

EuroNatur-Preis 2022: Zeichen für den Urwaldschutz und Solidarität mit der Ukraine

++ Waldschützerinnen und Waldschützer haben den EuroNatur-Preis 2022 erhalten ++ Europas letzte Urwälder stehen massiv unter Druck ++ Krieg gegen die…

Absage an Wasserkraftwerke im Nationalpark – Nordmazedonien widerruft Konzessionen

++ Ein Meilenstein, der dem Kampf der NGOs für frei fließende Flüsse Rückenwind verleiht ++ Wichtiger Schritt, um den Schutz der Flüsse in allen…

EuroNatur-Preis lenkt den Fokus auf Waldzerstörung und den Ukraine-Krieg

++ Waldschützerinnen und Waldschützer erhalten den EuroNatur-Preis 2022 ++ Krieg gegen die Ukraine und dessen Folgen erschweren die Arbeit von…

Letzte Geier in Bulgarien ausgewildert

++ Zwei weibliche Mönchsgeier im bulgarischen Balkangebirge ausgewildert ++ Erfolgreiches Projekt ist nach sieben Jahren ausgelaufen ++ Am 3.…

Umweltverbände legen Kernforderungen für ein Aktionsprogramm Oder vor

Oder-Katastrophe als Chance für eine ökologische Revitalisierung nutzen.

Oder-Katastrophe: Ursachen lückenlos aufklären und Sanierung der Oder sicherstellen

Das Fischsterben in der Oder ist menschengemacht, so viel steht fest. Entschiedene Schritte sind jetzt gefragt.

Hohes Risiko bei Investionen in Wasserkraft auf dem Balkan

Große Wasserkraft-Neubauprojekte in Südosteuropa (1) sind mit massiven Investitionsrisiken behaftet und haben niedrige Realisierungsraten. Das zeigt…

Auszeichnung für Waldschützer und Waldschützerinnen aus Deutschland und der Ukraine

++ EuroNatur-Preis 2022 geht an Antje Grothus, Fedir Hamor und die Organisation Free Svydovets ++ Europas letzte Urwälder stehen unter enormen Druck…