EU-Wiederaufbauplan – eine Gefahr für die Natur

++ Die 672 Milliarden Euro schwere Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) wird zwar von der EU-Kommission als Hauptwerkzeug des „grünen Wiederaufbaus“ gepriesen, bietet aber keinen Schutz für die Natur, wie ein heute veröffentlichter Bericht von Bankwatch und EuroNatur aufzeigt. ++

Holzerntemaschine

In Rumänien sollen die Wälder "fit gemacht werden für die Zukunft". Es steht zu befürchten, dass dadurch der Raubbau in den Karpaten weiter wächst.

© Matthias Schickhofer

Brüssel/Radolfzell. Der Bericht zeigt das Fehlen von Maßnahmen gegen die Biodiversitätskrise – eine der größten Krisen unserer Zeit – und beschreibt schädliche Maßnahmen im Rahmen der Wiederaufbaupläne in neun mittel- und osteuropäischen Ländern.

Der schlechte Zustand der Biodiversität in der EU verlangt nach unverzüglichem Handeln und nach den entsprechenden Mitteln, um dieser Krise entgegenzutreten. Dennoch wurde weniger als 1% dieser beispiellosen Fazilität in Naturschutzprojekte investiert. Im Gegensatz dazu schaden manche Wiederaufbauplan-Projekte sogar der Natur.

Projekte zum Ausbau erneuerbarer Energie in Bulgarien und Lettland zeigen das Konfliktpotential zwischen Klimaschutz und Biodiversität und unterstreichen, wie notwendig ausreichende Naturschutz-Leitplanken sind. Diese Probleme hätten durch bessere Planung und durch Einbindung der Expertise zivilgesellschaftlicher Organisationen vermieden werden können. Die lettische Regierung reduziert die Bewilligungsverfahren für Windkraftanlagen in Wäldern und schummelte die Unterstützung für solche Projekte in ihren Wiederaufbauplan, nachdem die öffentliche Konsultation und die Beurteilung, ob gleichzeitig andere Umweltziele verletzt werden („do no significant harm“-Prüfung), bereits abgeschlossen waren.

Wasserbauprojekte in Ungarn, Kroatien, Lettland und Polen werden unterstützt, um Reservoirs, Pumpstationen, Kanäle oder Flussregulierungen zu errichten, oft in höchst sensiblen Gebieten, darunter Natura-2000-Gebieten.

Die Fallbeispiele aus Slowenien, Estland, Tschechien und Rumänien illustrieren, wie auf den ersten Blick positiv erscheinende Forstprojekte höchstwahrscheinlich zu noch stärkerem Einschlag führen werden.

Viele dieser Projekte wurden hinter verschlossenen Türen geplant und verhandelt, ohne ihren genauen Standort offenzulegen und ohne angemessene Prüfung der Auswirkungen auf die Natur. Schäden für die biologische Vielfalt können nicht rückgängig gemacht werden. Diese Beispiele zeigen, warum und wie die EU-Finanzierung biodiversitätssicher sein muss.

Daniel Thomson, EU policy officer for biodiversity bei CEE Bankwatch Network sagt: „Milliarden an öffentlichen Wiederaufbaugeldern werden jetzt ausgeschüttet, aber es gibt noch immer nicht die Information, was im Detail finanziert werden soll. Auf den ersten Blick mögen viele Projekte für die Natur harmlos – oder sogar förderlich – erscheinen. Wenn man aber ein bisschen tiefer gräbt, zeigt sich eine neue Welle an biodiversitätsschädlichen Finanzierungen, deren Folgen viele Jahre lang zu spüren sein werden.“

Thomas Freisinger, EU Policy Officer bei EuroNatur kommentiert: „Die Mitgliedstaaten erhielten eine einmalige Chance, diesen Wiederaufbau zu einem Wendepunkt beim Biodiversitätsverlust zu machen. Aber die Wahl fiel auf ‚weiter wie bisher‘. Daher muss die Kommission die Anreize und die Sicherheitsplanken schaffen, die für einen wirklichen Wandel erforderlich sind.“

 

Hintergrundinformationen:


Rückfragen:
Thomas Freisinger, EU policy officer EuroNatur, thomas.freisinger(at)euronatur.org, Tel.: 0032 499 93 93 42 
Daniel Thomson, EU policy officer for biodiversity CEE Bankwatch Network, daniel.thomson(at)bankwatch.org

Mitmachen und dabei sein - werden Sie aktiv

Spende

Zukunft braucht Natur. Wir setzen uns für sie ein. Bitte nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, um zu helfen. Ihre Spende ist ein wirkungsvoller Beitrag für eine lebenswerte Umwelt.

Fördermitgliedschaft

EuroNatur setzt auf langfristig angelegte Naturschutzprojekte statt Schnellschüsse. Mit Ihren regelmäßigen Spendenbeiträgen geben Sie uns die dafür nötige Planungssicherheit.

Aktuelles

Mit Bären leben lernen

Konflikten zwischen Mensch und Wildtieren vorbeugen

Rumänische Wälder und Natura-2000-Gebiete brauchen dringend Schutz

Ein aktueller Bericht von EuroNatur und Agent Green liefert neue Erkenntnisse zu Fällungen in Rumäniens Schutzgebieten. Die Naturschutzorganisationen…

Flughafenbau bedroht albanisches Vogelparadies

++ Die Bauarbeiten für den Flughafen in der Narta-Lagune schreiten trotz erheblicher Proteste unvermindert voran ++ Rastgebiet von internationaler…

Von wegen nachhaltig: Enttäuschende Ergebnisse nach EU-Energie-Trilog

++ Holzverbrennung und Wasserkraft können weiter auf Erneuerbare-Energie-Ziele angerechnet werden ++ Kein Wille zu nachhaltiger Klimapolitik in der EU…

Riesiger Erfolg: Die Vjosa ist Nationalpark

++ Heute wurde die Vjosa in Albanien zu Europas erstem Wildfluss-Nationalpark ausgerufen ++ EuroNatur, Riverwatch und viele weitere Partner haben…

Weitere Skigebiete rund um Svydovets geplant

Im Jahr 2016 kündigte die staatliche Verwaltung der Oblast Transkarpatien ihre Pläne zum Bau eines gleichnamigen Skigebiets im Bergmassiv Svydovets…

Bleischrotverbot in Feuchtgebieten in Kraft getreten

Gute Nachricht für Europas Wasservögel: Die Verwendung von Bleischrotmunition bei der Jagd in Feuchtgebieten ist endlich verboten. Am 15. Februar 2023…

Keine Sorge vor dem Wolf

Erstmals seit mehr als 100 Jahren wurde im Schwarzwald eine Wölfin nachgewiesen. Da bereits zwei männliche Wölfe in der Region leben, könnte es bald…

Flamingos oder Flugzeuge: Proteste gegen Flughafen in Albanien

++ Weltfeuchtgebietstag lenkt Aufmerksamkeit auf globale Zerstörung von Flüssen, Seen, Mooren und Küsten ++ Große Protestaktion in Albanien gegen…

Schwaderer in Steinmeiers Delegation

Große Ehre für Gabriel Schwaderer: Der EuroNatur-Geschäftsführer war bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiers Staatsbesuch in Albanien und…

Vjosa-Wildfluss-Nationalpark: Expertenteam legt Machbarkeitsstudie vor

Die Vjosa, einer der letzten großen Wildflüsse Europas, ist ihrer Unterschutzstellung heute einen großen Schritt nähergekommen. Das Projektteam aus…

Rechtliche Schritte gegen den Vlora-Flughafen in Albanien

Neue Entwicklungen zum geplanten Flughafenbau in der Narta-Lagune: Die von unseren Partnern eingereichte Klage gegen das Projekt wurde in erster…

Düstere Aussichten für Svydovets

Im ukrainischen Bergmassiv Svydovets soll ein gigantisches Skiresort entstehen. Gegen diese Pläne hat die Umweltbewegung Free Svydovets geklagt. Nun…

Jahresrückblick 2022

Ukraine-Krieg und Energiekrise, Vogelgrippe und Fischsterben, dazu noch immer die Corona-Pandemie und ihre Folgen. 2022 war ein kompliziertes Jahr,…

Vielfalt der Natur im Fokus

++ Internationaler EuroNatur-Fotowettbewerb 2023 startet ++ Runder Geburtstag für die „Naturschätze Europas“ ++