Drei Jahre nach Fischsterben: Umweltverbände fordern Kurswechsel für eine lebendige Oder

++ Fischsterben an der Oder jährt sich zum dritten Mal ++ Umdenken notwendig für ein natürliches Flussökosystem ++ Internationales Bündnis fordert Anschluss an eine nachhaltige Vision für die Oder ++

Oderausbau - Bagger am Ufer der Oder

Bagger auf der polnischen Seite der Oder. Es gibt Pläne, den Fluss zur Schifffahrtsstraße zu degradieren.

© Sascha Maier/BUND
Landschaft im Oderbruch bei Neurüdnitz mit Flussarmen, Wiesen, Feldern und Bäumen.

Die Oder ist einer der letzten naturnahen Flüsse in Mitteleuropa. Viele seltene Tier- und Pflanzenarten leben im Fluss oder an seinen Ufern.

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Tote Fische liegen am Ufer  beim Fischsterben in der Oder.

Das Fischsterben im August 2022 war eine der größten Umweltkatastrophen der jüngeren Zeit in Europa. Noch immer hat sich das Ökosystem davon nicht erholt.

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Berlin, Radolfzell. Zum dritten Mal jährt sich das katastrophale Fischsterben an der Oder. Zwischen Juli und September 2022 verendeten schätzungsweise 1.000 Tonnen Fisch sowie unzählige Muscheln und Schnecken im polnischen und deutschen Teil des Flusses – als Folge einer Algenblüte. Damit sich eine solche Umweltkatastrophe nicht wiederholt, fordern EuroNatur und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Bundesregierung sowie die polnische und tschechische Regierung dazu auf, sich ihrer „Vision für die Oder“ anzuschließen. Die Verbände setzen sich dafür ein, dass die Flusslandschaft widerstandsfähiger gegenüber Umwelteinflüssen wie Dürre und Hitzestress, und auch gegenüber Nährstoff- und Schadstoffeinträgen gemacht wird. Dazu zählen konkrete Naturschutzmaßnahmen sowie eine stärkere grenzüberschreitende Zusammenarbeit. 

Die Ursache für das Fischsterben 2022 war ein Zusammenspiel aus Hitze, Dürre und hohen Salzeinleitungen aus polnischen Bergwerken. Die Auswirkungen auf die Ökologie des Flusses sowie den regionalen Tourismus waren groß. Zwar haben beide betroffene Anrainerstaaten einige Maßnahmen ergriffen – etwa eine bessere internationale Kommunikation im Katastrophenfall oder Sanktionen gegen verbotene Einleitungen in den Fluss. Dennoch haben sie den Ausbau der Oder weiter vorangetrieben. 

Theresa Wagner, BUND-Koordinatorin Oderschutz: „Selbst im Angesicht der Katastrophe hat kein Umdenken stattgefunden. Noch immer wird Salz in die Oder geleitet und am Ausbau festgehalten. Das alles schadet dem Fluss. Wir müssen die Oder als naturnahen, artenreichen Ort für die Menschen vor Ort und für uns alle erhalten.“ Der BUND und andere Umweltorganisationen haben zuletzt im Januar eine Klage am Woiwodschaftlichen Verwaltungsgericht Warschau zur Aufhebung der Genehmigung des Oder-Ausbaus in Polen gewonnen. Das Klagebündnis, darunter der BUND Brandenburg, erwartet jetzt den Rückbau von illegalen Bauten beziehungsweise ökologische Ausgleichsmaßnahmen.

Annette Spangenberg, Programmleiterin Fließgewässer bei EuroNatur: „Unsere Vision ist es, die Oder als natürliches Flussökosystem zu erhalten und nachhaltig zu entwickeln. Dazu zählen beispielsweise nachhaltige Tourismusinfrastrukturen, wie die Aufwertung des Oder-Neiße-Radweges. Zudem müssen wir den Fluss „klimafit“ für zukünftige Hitzesommer machen; Renaturierungsmaßnahmen wie die Wiederherstellung natürlicher Wasserrückhalteflächen tragen dazu bei. Zudem wollen wir die Menschen emotional wieder näher an den Fluss heranbringen – die Oder ist entgegen ihrem Image ein Fluss voller Leben.“


Hintergrundinformationen:

  • Das internationale Bündnis „Zeit für die Oder“ ist eine Koalition aus zehn deutschen, neun polnischen und sieben tschechischen Umweltorganisationen und Flüssebündnissen, die sich gemeinsam dafür einsetzen, dass die Oder und ihr Umfeld wieder zu einem lebendigen Flussstrom entwickelt werden. Mitglieder im deutschen Teil des Bündnisses sind: Bund für Umwelt und Naturschutz Brandenburg (BUND), BUND Deutschland, Deutscher Naturschutzring (DNR), Deutsche Umwelthilfe (DUH), EuroNatur, Heinz Sielmann Stiftung, Michael Succow Stiftung, Rewilding Oder Delta, Verein der Freunde des Deutsch-Polnischen Europa-Nationalparks Unteres Odertal und WWF Deutschland. Mehr Informationen unter: www.saveoder.org
     
  • Eine Vision für die Oder: Der deutsch-polnische Grenzflussabschnitt, einer der letzten frei fließenden und naturnahen Flüsse in Europa, ist mehr als eine Wasserstraße – er ist ein naturnaher Erholungsort, Sportgebiet und Inspirationsquelle. Umsäumt von Weichholzauenwäldern ist der Strom bislang zudem wichtiger Lebensraum für bedrohte und geschützte Arten. Das internationale Bündnis „Zeit für die Oder“ hat 2023 eine Vision für die Oder verfasst. Darin setzt es sich für den Schutz und die Renaturierung des Flusses ein. Deutsch-polnische Pläne zur Vertiefung der Fahrrinne setzen die Oder und ihr Ökosystem jedoch verstärkt unter Druck.

Kontakt:
Theresa Wagner, BUND, theresa.wagner(at)bund.net, Tel.: +49 (0) 30 27586-525
Christian Stielow, EuroNatur, christian.stielow(at)euronatur.org, Tel.: +49 (0)7732 – 92 72 15

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