Lebensraumverlust auf dem Zugweg

Bekassine auf einem Ast

Lebensraumverlust und Jagddruck in ihren Rast- und Überwinterungsgebieten bedrohen viele Arten der Feuchtgebiete, so auch die Bekassine.

© Günter Bachmeier

Mit Knäkente und Bekassine haben sich die ersten Fernreisenden der Vogelwelt schon wieder auf den Weg in südlichere Gefilde gemacht. Millionen von Zugvögeln ziehen auf der sogenannten Adria-Zugroute von Mittel-, Nord- und Osteuropa oder Sibirien über die Adria in Richtung Afrika. Auf ihrem langen Zugweg sind sie auf intakte Rastplätze angewiesen, doch die werden immer seltener. Besonders an dem schmalen Küstenstreifen der östlichen Adria ist ein Großteil der Feuchtgebietsflächen durch Trockenlegung, intensive Landwirtschaft und Tourismus stark beeinträchtigt oder ganz zerstört worden.

EuroNatur und ihre Partnerorganisationen vor Ort versuchen seit Jahren, diesem Trend entgegen zu wirken. Aktueller Brennpunkt ist die Saline Ulcinj in Montenegro. Ursprünglich handelte es sich bei diesem Gebiet um eine Lagune mit Zugang zur Adria. Vor etwa einhundert Jahren wandelte man sie in einen Salzgarten um. Im Zuge der damit einhergehenden Nutzung blieben weite Teile des 1.500 Hektar großen Areals als naturnahe Wasser- und Schlickflächen erhalten; ein Paradies für Brut- und Rastvögel gleichermaßen.

Doch die Oase für Zugvögel ist in Gefahr: Bereits seit drei Jahren ist der Salinenbetrieb eingestellt. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass der derzeitige Betreiber der Saline ihre schleichende Zerstörung gezielt betreibt. Denn der Druck der Tourismusindustrie wird immer größer, das Gebiet zu bebauen und für ihre Zwecke zu nutzen. Doch ohne die Salzgewinnung in der Saline droht sie ihren hohen Wert für die Vogelwelt zu verlieren. „Das Wassermanagement muss gesichert und die Dämme müssen repariert und gewartet werden. Ohne funktionierenden Pumpbetrieb werden Teile der Saline bei Starkregen von Süßwasser überflutet oder fallen im Sommer komplett trocken – und verlieren so für die Vögel ihre Funktion als Rast- bzw. Brutgebiet“, prognostiziert EuroNatur-Projektleiter und Vogelexperte Dr. Stefan Ferger.

Von der montenegrinischen Regierung ist beim Kampf für den Erhalt der Saline keinerlei Unterstützung zu erwarten. EuroNatur-Geschäftsführer Gabriel Schwaderer kritisiert: „Der Prozess zur Unterschutzstellung der Saline Ulcinj ist eine unendliche Geschichte von Ankündigungen und nicht eingehaltenen Zusagen. Die Regierung macht bisher reine Symbol- und Ankündigungspolitik“. Mit der Verleihung des EuroNatur-Preises 2017 an Gudrun Steinacker wird EuroNatur im Oktober ein starkes Signal gegen die Zerstörung der Saline Ulcinj setzen. Die Diplomatin hat sich in ihrer Zeit als Botschafterin in Montenegro vorbildlich für den Erhalt der Saline eingesetzt.

Die Zeit drängt. Die Zustände in der Saline haben sich bereits deutlich verschlechtert. Eines der bedeutendsten Feuchtgebiete entlang der Adria-Zugroute könnte mittelfristig unattraktiv für Bekassine, Knäkente und Co. werden. Neben dem Lebensraumverlust bedroht nach wie vor die Vogeljagd die gefiederten Weltenbummler. Aufgrund der vorliegenden Daten ist davon auszugehen, dass an der Adria-Ostküste jährlich weit mehr als zwei Millionen Zugvögel geschossen werden. Betroffen sind auch Arten, die durch die EU-Vogelschutzrichtlinie oder durch internationale Abkommen geschützt sind.

Lebensraumzerstörung und Vogeljagd bilden eine unheilvolle Doppelbedrohung für die Zugvögel auf dem westlichen Balkan. EuroNatur und ihre Partnerorganisationen kämpfen auf beiden Problemfeldern für eine Verbesserung der Situation.

Hintergrundinformationen:
• Adria-Zugweg: Die Wasservögel Mittel-, Nord- und Osteuropas konzentrieren sich besonders auf den sogenannten „Adriatic Flyway“, der quer über den Balkan, die Adria und Süditalien bis nach Nordafrika führt.
Kurzfilm über die Saline Ulcinj
• Weitere Informationen zur Arbeit von EuroNatur und ihren Partnern für den Schutz der Saline Ulcinj
• Mehr zum Thema Vogeljagd auf dem Balkan

Rückfragen:
Dr. Stefan Ferger, E-Mail: stefan.ferger(at)euronatur.org, Tel.: +49 (0)7732 – 92 72 12 (Ansprechpartner)
Christian Stielow, E-Mail: christian.stielow(at)euronatur.org, Tel.: +49 (0)7732 – 92 72 15 (Pressekontakt)
 

Mitmachen und dabei sein - werden Sie aktiv
Spende

Zukunft braucht Natur. Wir setzen uns für sie ein. Bitte nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, um zu helfen. Ihre Spende ist ein wirkungsvoller Beitrag für eine lebenswerte Umwelt.

Fördermitgliedschaft

EuroNatur setzt auf langfristig angelegte Naturschutzprojekte statt Schnellschüsse. Mit Ihren regelmäßigen Spendenbeiträgen geben Sie uns die dafür nötige Planungssicherheit.

Aktuelles