Showpolitik: Testflüge auf der Baustelle des Flughafens Vlora

++ Der albanische Premierminister Edi Rama prahlt mit Testflügen am internationalen Vlora-Flughafen ++ Flughafen München nicht mehr beratend tätig ++ Europäische Institutionen und Berner Konvention kritisieren das umstrittene Flughafenprojekt in Vlora scharf ++

Flugzeug auf Vlora-Flughafen; im Hintergrund Baustelle

Das erste Flugzeug auf dem Vlora-Flughafen ist gelandet. Dass dies aber vor allem eine große PR-Show war, erkennt man am Baustellen-Charakter des Flughafens. Im Hintergrund ist der unfertige Hangar zu erkennen.

© PPNEA
Rosaflamingos in der Nartalagune vor Baustellenhintergrund

Zwei Schwärme von Rosaflamingos, im Hintergrund der Tower des in Bau befindlichen Flughafens. Die Errichtung des Flughafens in unmittelbarer Nachbarschaft zur Narta-Lagune ist nicht nur ein Desaster für die Vogelwelt des Gebiets, sondern auch aus dem Blickpunkt der Flugsicherheit fragwürdig.

© Zydjon Vorpsi/ PPNEA
Luftbild der Narta Lagune mit Blick auf das Meer.

Luftaufnahme der Narta-Lagune und der Insel Sazan. Affinity Partners, die Investmentfirma von Trump-Schwiegersohn Jared Kushner, will an der Lagune ein Luxusresort errichten, das auf 1.100 Hektar über 6.000 Hotelzimmer und Villas umfasst. Ein ähnliches Projekt wird für die nahegelegene, unbewohnte Insel Sazan geplant, die in einem Meeresnationalpark liegt.

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Naturschützer protestieren vor Gerichtsgebäude in Tirana

Vertreter der albanischen NGO PPNEA und weitere Menschen protestierten am 07. Mai 2025 vor dem Obersten Gerichtshof in Tirana gegen die Verschleppung der Klage aus dem Jahr 2022 gegen die Errichtung des Internationalen Vlora-Flughafens.

© PPNEA

Tirana/Radolfzell. Heute inszenierte die albanische Regierung ein Spektakel mit Testflügen über dem internationalen Flughafen Vlora, obwohl sich Teile des Flughafens noch im Bau befinden. Weder die Start- und Landebahnen noch der Terminal sind fertiggestellt und auch der Tower ist noch nicht voll funktionsfähig.

Aleksander Trajce, Geschäftsführer von PPNEA, der albanischen Partnerorganisation von EuroNatur, sieht einen klaren Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen: „In Albanien ist es zu einer Art Tradition geworden, kurz vor den Wahlen infrastrukturelle ‚Errungenschaften‘ zu präsentieren, unabhängig davon, ob die Projekte auch nur annähernd fertiggestellt sind. Die heutigen Testflüge auf dem Flughafen von Vlora sind da keine Ausnahme. Sie sind sorgfältig choreographiert, um den Eindruck zu erwecken, der Flughafen sei betriebsbereit. In Wirklichkeit sind die Bauarbeiten für den Betrieb noch lange nicht abgeschlossen. Vielmehr handelt es sich bei dem Flughafen um ein überstürztes und chaotisches Projekt in einem für die Natur geschützten Gebiet, das eine Vielzahl von Sicherheitsproblemen sowohl während des Baus als auch für den zukünftigen Betrieb mit sich bringt. Die den Flughafen umgebenden natürlichen und unter Schutz stehenden Lebensräume werden rücksichtslos zerstört, um diese Entwicklung zu ermöglichen.“

Es entspricht somit nicht den Tatsachen, dass schon bald ein regulärer Flugverkehr auf dem Vlora-Flughafen aufgenommen wird. Gleiches gilt für die wiederholten Beteuerungen Edi Ramas bei der diesjährigen ITB Berlin, wonach der Flughafen München den internationalen Vlora-Flughafen betreiben würde. In Wirklichkeit hat der Flughafen München, der bis April 2025 beratend tätig war, seinen Beratervertrag mit dem umstrittenen Flughafenprojekt Vlora beendet.

Nicht nur Umweltverbände wie PPNEA und EuroNatur kritisieren den Internationalen Vlora-Flughafen scharf, sondern auch die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, der Ständige Ausschuss der Berner Konvention sowie die Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten. Das Flughafenprojekt liegt am Rande der Narta-Lagune – einem international geschützten Feuchtgebiet mit herausragender Bedeutung für den Vogelzug und Teil des Vjosa-Deltas – und widerspricht damit nationalem und internationalem Umweltrecht. Wenn die Bauarbeiten weitergeführt werden, gefährdet das Projekt eines der einzigartigsten Ökosystem Europas. Und auch künftige Passagiere wären gefährdet, da in dieser Region eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Vogelschlag besteht.

„Angesichts der Bestrebungen Albaniens, in absehbarer Zukunft der EU beizutreten, ist der fortgesetzte Verstoß gegen internationales Naturschutzrecht sehr überraschend. Das verheißt nichts Gutes für die Chancen auf einen raschen Abschluss der Beitrittsverhandlungen – im Gegenteil wird es den Beitritt wohl erheblich verzögern“, betont Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.

Ungerührt von aller internationaler Kritik verfolgt die albanische Regierung weiter ihre Version, Albanien zu einem „Tourismus-Champion“ zu machen. Diese Ankündigung erfolgte nur Monate nach der Erklärung der Vjosa zu Europas erstem Wildfluss-Nationalpark. Der Flughafen von Vlora scheint der Startschuss für eine große touristische Entwicklung in Südalbanien zu sein. Er dient unter anderem als strategisch wichtiges Infrastrukturprojekt für Jared Kushners Investmentfirma, die Luxustourismus in der Lagune und auf der nahe gelegenen unbewohnten Insel Sazan plant; diese liegt in einem Meeresnationalpark. Im Februar 2024, kurz bevor Kushner seine Pläne veröffentlicht hatte, wurde ein neues Gesetz beschlossen, das große Infrastrukturprojekte in Schutzgebieten erlaubt, wenn sie dem Ausbau des Tourismus dienen.


Hintergrundinformation: 

  • Die Narta-Lagune liegt im Delta der Vjosa, in einem der letzten intakten Bereiche der albanischen Adriaküste. Nach zehn Jahren Kampagne durch EuroNatur, Riverwatch und EcoAlbania wurde die Vjosa von Albaniens Regierung unter Schutz gestellt und zu Europas erstem Wildfluss-Nationalpark ernannt. Fast gleichzeitig wurde aber der Plan eines Flughafens in Vlora aufs Tapet gebracht.
  • Die Munich Airport International GmbH ist eine 100%-Tochter der Flughafen München GmbH, die dem Freistaat Bayern (51 %), der Bundesrepublik Deutschland (26 %) und der Stadt München (23 %) gehört.
  • Am 23. November 2022 brachten die albanischen NGOs PPNEA und AOS mit Unterstützung von EuroNatur eine Klage gegen die Errichtung des Flughafens Vlora beim Verwaltungsgericht ein, da das Projekt sowohl gegen nationales Recht als auch gegen internationale Konventionen verstößt. Bisher wurde das Verfahren aber verschleppt. 

Pressekontakt:
Christian Stielow, EuroNatur, E-Mail: christian.stielow(at)euronatur.org, Tel.: 00 7732 9272 15
Lorena Xhafaj, PPNEA, E-Mail: l.pyzexhafaj(at)ppnea.org, Tel.: +35 5562 8954
 

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