EuroNatur und BUND analysieren EU-Agrarreform:

Niedersachsen soll einheitliche Flächenprämie einfordern

Gemeinsame Presseinformation von EuroNatur und BUND

vom 10. Juli 2003

"Für richtige Änderungen sind nationale Programme notwendig"

Hannover. Die kürzlich getroffenen EU-Beschlüsse zur Agrarfinanzierung führen nicht automatisch zu einer ökologischeren Produktion und sozial gerechteren Verteilung der Geldmittel. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Umweltstiftung EuroNatur und des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): "Landwirte, die sich nicht am ökologischen oder sozialen Preisdumping des Weltmarkts beteiligen, sind dauerhaft nur durch nationale Programme existenzgesichert", sagte Lutz Ribbe von der Umweltstiftung EuroNatur bei der Vorstellung der Analyse heute in Hannover. Über die beschlossene EU-Agrarreform hinaus, müssten solche Maßnahmen in Deutschland ergriffen werden. Dazu sei das Land durch die EU-Beschlüsse ermächtigt.

Die Verbände begrüßten die Entscheidung der Agrarminister, Direktzahlungen an die Landwirte nicht länger an den Anbau bestimmter Kulturen wie Getreide oder Mais zu koppeln: "Damit hat man sich endgültig von dem alten Preisstützungssystem verabschiedet", kommentierte Ribbe. Zukünftig würden Gelder nur an Landwirte gezahlt, welche die gesetzlichen Auflagen zum Umwelt-, Tier-, Gesundheits- und Verbraucherschutz. einhielten. "Dies ist sinnvoll, geht aber nicht weit genug", so Ribbe. "Gesetze einzuhalten ist die Pflicht eines jeden. Die Gesellschaft wird auf Dauer nur dann Milliardenbeträge an die Landwirtschaft akzeptieren, wenn Leistungen über die gesetzlichen Normen hinaus gehen", so der umweltpolitische Direktor von EuroNatur. Als Beispiele nannte Ribbe eine artgerechte und flächengebundene Tierhaltung, weite Fruchtfolgen oder etwa den Erhalt von ökologisch interessanten Landschaftselementen.

Der agrarpolitische Sprecher des BUND, Hubert Weiger, übte Kritik an der beschlossenen "einheitlichen Betriebsprämie". Er erinnerte daran, dass derzeit über die Hälfte der Bauern pro Jahr nicht mehr als 1.250 Euro an EU-Zahlungen bekämen. Einige wenige Betriebe erhielten hingegen über 300.000 Euro jährlich. "Alte Ungerechtigkeiten werden im neuen Gewand präsentiert", sagte Weiger, wenn die bisherigen individuellen Zahlungsansprüche an die Landwirte, festgeschrieben würden. "Die geplante einheitliche Betriebsprämie ist eine Täuschung der Landwirte und der steuerzahlenden Öffentlichkeit. Tatsächlich bedeutet der EU-Beschluss, dass zukünftig Bauern für die gleiche Leistung, nämlich die Einhaltung von Gesetzen, höchst unterschiedliche Prämien erhalten", beklagte der BUND-Agrarexperte.

Am Beispiel der Grünlandnutzung beschrieb Carola Sandkühler vom BUND-Niedersachsen die Auswirkungen der Agrarreform auf das Bundesland. Bislang hätten Betriebe für das ökologisch wichtige Grünland kein Geld bekommen. "Das hat zu einem drastischen Rückgang an Wiesen- und Weideflächen geführt. Dabei ist Grünland für den Naturschutz genauso wichtig wie für den Schutz des Grundwassers", erläuterte Sandkühler. In Niedersachsen habe der Dauergrünlandanteil innerhalb der letzten fünf Jahre um über 100.000 Hektar, etwa 12 Prozent abgenommen.

Die Milchbauern seien immer Verlierer der Agrarpolitik gewesen. Daran würde sich solange nichts ändern, wie Deutschland nicht die Möglichkeit nutze, eine einheitliche Flächenprämie anstelle der ungerechten Betriebsprämien einzuführen. "Hier hat die Agrarreform endlich die Türen geöffnet, aber durchschritten sind sie noch nicht", erklärte die BUND-Sprecherin. Acker- und Grünland könnten zukünftig durch nationale Regelungen in gleicher Höhe gefördert werden, was besonders für die Milchviehregionen wie Ostfriesland oder den Harz von Bedeutung sei. "Die niedersächsische Landesregierung muss jetzt die neuen Möglichkeiten nutzen und ein solches Modell von der Bundesregierung einfordern", verlangt BUND-Sprecherin Sandkühler.

Gespannt sind die Umweltorganisationen auf das Verhalten des Bauernverbandes nach der EU-Reform: "Jetzt wird sich zeigen, ob der Verband wirklich alle Bauern vertritt, auch diejenigen, die benachteiligt sind, oder ob er nur die Pfründe der bisherigen Profiteure der Agrarpolitik sichern will", sagte EuroNatur-Agrarexperte Lutz Ribbe.

Download

Die elfseitige Analyse der EU-Agrarreform zum Downloaden:

EuroNatur-Info 34/03:

Hintergründe und Bewertung der Beschlüsse zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)

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Rückfragen:

Lutz Ribbe

Stiftung Europäisches Naturerbe (EuroNatur)

Grabenstr. 23

53359 Rheinbach

Tel. 02226/2045

E-mail: bonn(at)euronatur.org

Internet www.euronatur.org

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