Barroso will Agrarumweltprogramme beschneiden

Eine vielfältige und lebendige Landwirtschaft muss Ziel der Agrarpolitik sein!

© Claudia Weiß

Ökologischer Umbau der EU-Landwirtschaft in Gefahr

Schwerer Schlag für Naturschutz und Kleinbauern

 

 

Pressemitteilung vom 22. Juni 2011

 

Radolfzell. Wie vertrauenswürdige Quellen berichten, plant EU-Kommissionspräsident Barroso, die finanziellen Mittel der sogenannten zweiten Säule der EU-Agrarpolitik und damit die Ressourcen für Agrarumweltprogramme drastisch zu kürzen. Naturschützer und Landwirte sind von diesen Plänen gleichermaßen schockiert. Lutz Ribbe, naturschutzpolitischer Direktor der Naturschutzorganisation EuroNatur, warnt vor den fatalen Folgen von Barrosos Plänen: „Die Kürzungen würden nicht nur harte Einschnitte für kleinbäuerliche Betriebe nach sich ziehen. Auch die Umsetzung des Natura 2000-Netzwerks und die gesamte Biodiversitätspolitik der EU würden damit massiv durchkreuzt.“ EuroNatur fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel und Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner mit Nachdruck dazu auf, die Bedeutung der zweiten Säule anzuerkennen und sich für deren Erhalt stark zu machen.

Bis vor wenigen Tagen standen die Zeichen für Europas künftige Agrarpolitik noch auf grün. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos plante, die Agrarpolitik für die kommende Finanzperiode der Jahre 2014 bis 2020 grundlegend zu reformieren. Die ersten Vorschläge der EU-Kommission waren vielversprechend: Die Direktzahlungen sollten künftig stärker an ökologische Kriterien gebunden werden. Europas Großbauern und der industriellen Landwirtschaft war diese Begrünung der ersten Säule von Anfang an ein Dorn im Auge. Sie profitieren am meisten von dem derzeitigen System und stellten sich von Anfang gegen die Reformpläne. Offensichtlich mit Erfolg, wie Barrosos Vorstoß zeigt.

Laut internen Informationen aus Brüssel sind Deutschland und Frankreich nicht länger bereit, den Agrarhaushalt in demselben Maß wie bisher weiter zu finanzieren. Unterstützt von der deutschen Kanzlerin habe Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy Kommissionspräsident Barroso daher darauf hingewiesen, dass Kürzungen unumgänglich seien. Gleichzeitig soll die mächtige Agrarlobby aber nicht verärgert werden. Barroso habe sich daher von Sarkozy und Merkel überzeugen lassen, die Direktzahlungen nicht anzutasten.

Stattdessen sollen nun die Gelder der zweiten Säule gesenkt werden. „Für den Naturschutz und die kleinbäuerliche Landwirtschaft wäre es eine Katastrophe, wenn diese Gelder wegfallen würden“, meint Lutz Ribbe. „Ökologischer Landbau, Vertragsnaturschutz und die ökologische Regionalentwicklung müssten dann empfindliche Einbußen hinnehmen. In einigen Regionen Deutschlands sind die finanziellen Beihilfen aus der zweiten Säule sogar höher als die Direktzahlungen aus der ersten Säule des Agrartopfs. So hat der Landkreis Garmisch Partenkirchen im Jahr 2010 über 7,4 Millionen Euro an Maßnahmen aus der zweiten Säule erhalten, aber nur 3,1 Millionen Euro an Direktzahlungen. Die meisten Bauern dort müssten aufgeben.“

Barrosos Pläne sind außerdem ein schwerer Schlag für den Erhalt der Biodiversität in Europa. Denn über die zweite Säule werden unter anderem Gelder für die Umsetzung des Natura 2000-Netzwerks und Subventionen für eine extensive Landnutzung zur Verfügung gestellt. Bereits vor zehn Jahren haben die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union beschlossen, den Verlust der Biodiversität bis 2010 zu stoppen. Das Vorhaben scheiterte jedoch kläglich. „Umso wichtiger ist es jetzt, die ökologischen Ansätze der Agrarpolitik für eine vielfältige und lebendige Landwirtschaft weiter auszubauen anstatt sie noch weiter zu schwächen“, fordert Ribbe.

 

Hintergrundinformationen:

www.die-bessere-agrarpolitik.de

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:


EuroNatur
Lutz Ribbe
Tel.: 02226-2045
Mobil: 0170-4125767
Email: lutz.ribbe@euronatur.org

Mitmachen und dabei sein - werden Sie aktiv

Spende

Zukunft braucht Natur. Wir setzen uns für sie ein. Bitte nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, um zu helfen. Ihre Spende ist ein wirkungsvoller Beitrag für eine lebenswerte Umwelt.

Fördermitgliedschaft

EuroNatur setzt auf langfristig angelegte Naturschutzprojekte statt Schnellschüsse. Mit Ihren regelmäßigen Spendenbeiträgen geben Sie uns die dafür nötige Planungssicherheit.

Aktuelles

Mit Bären leben lernen

Konflikten zwischen Mensch und Wildtieren vorbeugen

Rumänische Wälder und Natura-2000-Gebiete brauchen dringend Schutz

Ein aktueller Bericht von EuroNatur und Agent Green liefert neue Erkenntnisse zu Fällungen in Rumäniens Schutzgebieten. Die Naturschutzorganisationen…

Flughafenbau bedroht albanisches Vogelparadies

++ Die Bauarbeiten für den Flughafen in der Narta-Lagune schreiten trotz erheblicher Proteste unvermindert voran ++ Rastgebiet von internationaler…

Von wegen nachhaltig: Enttäuschende Ergebnisse nach EU-Energie-Trilog

++ Holzverbrennung und Wasserkraft können weiter auf Erneuerbare-Energie-Ziele angerechnet werden ++ Kein Wille zu nachhaltiger Klimapolitik in der EU…

Riesiger Erfolg: Die Vjosa ist Nationalpark

++ Heute wurde die Vjosa in Albanien zu Europas erstem Wildfluss-Nationalpark ausgerufen ++ EuroNatur, Riverwatch und viele weitere Partner haben…

Weitere Skigebiete rund um Svydovets geplant

Im Jahr 2016 kündigte die staatliche Verwaltung der Oblast Transkarpatien ihre Pläne zum Bau eines gleichnamigen Skigebiets im Bergmassiv Svydovets…

Bleischrotverbot in Feuchtgebieten in Kraft getreten

Gute Nachricht für Europas Wasservögel: Die Verwendung von Bleischrotmunition bei der Jagd in Feuchtgebieten ist endlich verboten. Am 15. Februar 2023…

Keine Sorge vor dem Wolf

Erstmals seit mehr als 100 Jahren wurde im Schwarzwald eine Wölfin nachgewiesen. Da bereits zwei männliche Wölfe in der Region leben, könnte es bald…

Flamingos oder Flugzeuge: Proteste gegen Flughafen in Albanien

++ Weltfeuchtgebietstag lenkt Aufmerksamkeit auf globale Zerstörung von Flüssen, Seen, Mooren und Küsten ++ Große Protestaktion in Albanien gegen…

Schwaderer in Steinmeiers Delegation

Große Ehre für Gabriel Schwaderer: Der EuroNatur-Geschäftsführer war bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiers Staatsbesuch in Albanien und…

Vjosa-Wildfluss-Nationalpark: Expertenteam legt Machbarkeitsstudie vor

Die Vjosa, einer der letzten großen Wildflüsse Europas, ist ihrer Unterschutzstellung heute einen großen Schritt nähergekommen. Das Projektteam aus…

Rechtliche Schritte gegen den Vlora-Flughafen in Albanien

Neue Entwicklungen zum geplanten Flughafenbau in der Narta-Lagune: Die von unseren Partnern eingereichte Klage gegen das Projekt wurde in erster…

Düstere Aussichten für Svydovets

Im ukrainischen Bergmassiv Svydovets soll ein gigantisches Skiresort entstehen. Gegen diese Pläne hat die Umweltbewegung Free Svydovets geklagt. Nun…

Jahresrückblick 2022

Ukraine-Krieg und Energiekrise, Vogelgrippe und Fischsterben, dazu noch immer die Corona-Pandemie und ihre Folgen. 2022 war ein kompliziertes Jahr,…

Vielfalt der Natur im Fokus

++ Internationaler EuroNatur-Fotowettbewerb 2023 startet ++ Runder Geburtstag für die „Naturschätze Europas“ ++