Waldalarm: Rumänisches Ministerium legt Hand an eigene Urwald-Schutzgesetze

Die Pin-Matra-Studie existiert – hier der Beleg

© Agent Green

Anti-Naturschutzkräfte im Ministerium nutzen die regierungslose Zeit aus, um die Waldschutz-Gesetzgebung zu unterminieren.

Gemeinsame Pressemitteilung von EuroNatur und Agent Green

 

Bukarest, Radolfzell.   Das rumänische Ministerium für Wasser und Wälder hat angekündigt, seine eigene Gesetzgebung zum Urwaldschutz zu ändern. Es leugnet überraschenderweise die Existenz der im Jahr 2005 veröffentlichten Inventur der Urwälder in Rumänien. Dieser Schachzug fand bereits Anfang der Woche statt, wenige Tage nachdem die rumänische Regierung vom Parlament aufgelöst worden war und die bisherige Ministerin nicht mehr im Amt war.  Entscheidende Teile des rumänischen Waldschutzgesetzes basieren auf den Ergebnissen der Waldinventur, die im Rahmen der sogenannten Pin-Matra-Studie von der Niederländischen Königlichen Gesellschaft für Naturschutz in Zusammenarbeit mit dem rumänischen Waldforschungsinstitut ICAS durchgeführt worden war. Die Studie hatte 218.000 Hektar Urwälder in Rumänien identifiziert. Am Montag behauptete das Ministerium, dieses entscheidende Dokument liege der staatlichen Forstbehörde Romsilva nicht vor. 

Geschätzte zwei Drittel aller Urwälder, die es in der Europäischen Union noch gibt, befinden sich in Rumänien. Doch die Holzindustrie und ihre Seilschaften in Politik und Verwaltung behindern nationale Programme zum Schutz von Rumäniens Paradieswäldern massiv. Die Naturschutzstiftung EuroNatur und die rumänische NGO Agent Green rufen die nächste rumänische Regierung dringend auf, den nationalen und internationalen Verpflichtungen Rumäniens im Waldschutz nachzukommen und sich nicht länger für die Interessen der Holzindustrie missbrauchen zu lassen. 

„Die Urwaldinventur von 2005 wurde von zahlreichen namhaften Wissenschaftlern durchgeführt und die Ergebnisse wurden mehrfach präsentiert und veröffentlicht. Trotzdem ist ein großer Teil der darin kartierten Urwälder unter den Augen der Forstbehörden und wechselnder Regierungen inzwischen vernichtet worden. Daten der Studie sind auf der Webseite der Regierung publiziert und die Studie war Grundlage mehrerer Ministerialerlasse. Es ist unglaublich, dass Vertreter des Ministeriums jetzt das Gegenteil behaupten und die Existenz der Studie leugnen. Das ist offensichtlich ein sehr plumper Versuch, das Waldschutzgesetz zu unterminieren“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur. 

Die irritierende Ankündigung des Ministeriums kommt drei Monate nachdem internationale Wissenschaftler, Bergsteiger und Aktivisten von Agent Green einen Holzlaster im Fagaras-Gebirge gestoppt haben, um auf die Abholzung der letzten Urwälder Europas aufmerksam zu machen. Ministerin Adriana Petcu hatte daraufhin eine genaue Untersuchung des Gebietes angeordnet. Am Montag verkündete das Ministerium, dass in dem Gebiet mehr als das Vierzigfache der erlaubten Holzmenge eingeschlagen worden war. Das zuständige Forstrevier müsste nach dem geltenden Urwaldgesetz mit einer Geldstrafe für die illegale Abholzung von 30.554 m³ Holz aus Urwäldern im Fagaras-Gebirges rechnen, teilte das Ministerium am Montag mit. Da die dem Gesetz zu Grunde liegende Urwaldinventur aber angeblich weder dem rumänischen Waldforschungsinstitut ICAS noch der staatlichen Forstbehörde Romsilva je vorgelegen hätte, kündigte das Ministerium in der selben Mitteilung an, das Urwaldgesetz und deren Anwendung nun kritisch überprüfen zu wollen. 

„Auch wenn unsere Computer mehrfach gehackt wurden, ist es uns dennoch gelungen, eine Kopie der Urwaldinventur und der Daten zu sichern. Wir können dem Ministerium mit einer Kopie aushelfen. Die lobbygesteuerte Politik der Fehlinformation und die daraus resultierenden Verbrechen gegen die Natur schaden dem Ruf Rumäniens. Unsere einzigartigen Urwälder werden Tag für Tag mehr zerstört. Diejenigen, die die Abholzung vorantreiben dürfen nicht die Macht haben, das Ministerium von seinen Verpflichtungen abzuhalten“, sagt Gabriel Paun, Präsident von Agent Green. 

 

Hintergrundinformationen:

Die Kampagne „SaveParadiseForests“ hat den Schutz der wertvollsten Urwälder der Karpaten, insbesondere Rumäniens zum Ziel. Sie wird von den NGOs EuroNatur und Agent Green koordiniert und gemeinsam durchgeführt. Mehr unter www.saveparadiseforests.org

 

Ansprechpartner: 

Katharina Grund – EuroNatur: katharina.grund@euronatur.org   + 49 7732 92 72-10 (Pressekontakt)

Mitmachen und dabei sein - werden Sie aktiv

Spende

Zukunft braucht Natur. Wir setzen uns für sie ein. Bitte nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, um zu helfen. Ihre Spende ist ein wirkungsvoller Beitrag für eine lebenswerte Umwelt.

Fördermitgliedschaft

EuroNatur setzt auf langfristig angelegte Naturschutzprojekte statt Schnellschüsse. Mit Ihren regelmäßigen Spendenbeiträgen geben Sie uns die dafür nötige Planungssicherheit.

Aktuelles

Flughafenbau bedroht albanisches Vogelparadies

++ Die Bauarbeiten für den Flughafen in der Narta-Lagune schreiten trotz erheblicher Proteste unvermindert voran ++ Rastgebiet von internationaler…

Von wegen nachhaltig: Enttäuschende Ergebnisse nach EU-Energie-Trilog

++ Holzverbrennung und Wasserkraft können weiter auf Erneuerbare-Energie-Ziele angerechnet werden ++ Kein Wille zu nachhaltiger Klimapolitik in der EU…

Riesiger Erfolg: Die Vjosa ist Nationalpark

++ Heute wurde die Vjosa in Albanien zu Europas erstem Wildfluss-Nationalpark ausgerufen ++ EuroNatur, Riverwatch und viele weitere Partner haben…

Weitere Skigebiete rund um Svydovets geplant

Im Jahr 2016 kündigte die staatliche Verwaltung der Oblast Transkarpatien ihre Pläne zum Bau eines gleichnamigen Skigebiets im Bergmassiv Svydovets…

Rumäniens Urwälder verschwinden – EU-Kommission muss eingreifen

++ Investigative Recherchen decken skandalöse Machenschaften in der Forstbranche auf ++ EuroNatur fordert strengen Urwaldschutz in Rumänien und ein…

Bleischrotverbot in Feuchtgebieten in Kraft getreten

Gute Nachricht für Europas Wasservögel: Die Verwendung von Bleischrotmunition bei der Jagd in Feuchtgebieten ist endlich verboten. Am 15. Februar 2023…

Keine Sorge vor dem Wolf

Erstmals seit mehr als 100 Jahren wurde im Schwarzwald eine Wölfin nachgewiesen. Da bereits zwei männliche Wölfe in der Region leben, könnte es bald…

Flamingos oder Flugzeuge: Proteste gegen Flughafen in Albanien

++ Weltfeuchtgebietstag lenkt Aufmerksamkeit auf globale Zerstörung von Flüssen, Seen, Mooren und Küsten ++ Große Protestaktion in Albanien gegen…

Schwaderer in Steinmeiers Delegation

Große Ehre für Gabriel Schwaderer: Der EuroNatur-Geschäftsführer war bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiers Staatsbesuch in Albanien und…

Vjosa-Wildfluss-Nationalpark: Expertenteam legt Machbarkeitsstudie vor

Die Vjosa, einer der letzten großen Wildflüsse Europas, ist ihrer Unterschutzstellung heute einen großen Schritt nähergekommen. Das Projektteam aus…

Rechtliche Schritte gegen den Vlora-Flughafen in Albanien

Neue Entwicklungen zum geplanten Flughafenbau in der Narta-Lagune: Die von unseren Partnern eingereichte Klage gegen das Projekt wurde in erster…

Düstere Aussichten für Svydovets

Im ukrainischen Bergmassiv Svydovets soll ein gigantisches Skiresort entstehen. Gegen diese Pläne hat die Umweltbewegung Free Svydovets geklagt. Nun…

Jahresrückblick 2022

Ukraine-Krieg und Energiekrise, Vogelgrippe und Fischsterben, dazu noch immer die Corona-Pandemie und ihre Folgen. 2022 war ein kompliziertes Jahr,…

Vielfalt der Natur im Fokus

++ Internationaler EuroNatur-Fotowettbewerb 2023 startet ++ Runder Geburtstag für die „Naturschätze Europas“ ++

Weiterer Widerstand gegen albanischen Flughafenbau

Europäische Regierungen fordern die albanische Regierung auf, den Bau des Flughafens in der Narta-Lagune auszusetzen. Das Hauptargument: die…