Oder-Ausbau: Wir sagen "Stopp!"

Der geografische Schwerpunkt unserer Arbeit im Bereich Fließgewässerschutz liegt eigentlich auf dem Balkan, dort, wo das Blaue Herz Europas schlägt. Doch wir sind auch im Einsatz zum Schutz der Oder. Der deutsch-polnische Grenzfluss ist vor allem durch das Fischsterben im Sommer 2022 in die Schlagzeilen gekommen. Doch der Tod der Oder als naturnaher Fluss könnte schleichend kommen...

Eisschollen auf der Oder Eisschollen auf der Oder
© Iwona Krepic

"Es tut mir in der Seele weh, das zu sehen"

tote Fische am Oderufer

Im August 2022 zogen die Bilder von der Oderkatastrophe mit ihren Fischkadavern wie eine gruselige Welle durch die Medien. Schadstoffhaltige Abwässer, menschliche Eingriffe in die Flussdynamik und anhaltende Trockenheit hatten es giftigen Algen ermöglicht, sich massenhaft zu vermehren.

© Sascha Maier/BUND

Die Berge aus toten Fischen sind weg, aber die Oder ist weiterhin in Gefahr. Der Fluss kämpft immer noch mit den Auswirkungen der Katastrophe des vergangenen Sommers. „Die Schadstoffe sind nach wie vor im Wasser und die polnische Regierung hat bislang nichts dagegen unternommen“, berichtet Iwona Krepic, Leiterin des Teams von Rewilding Oder in Polen. „Wie würden Sie einen Menschen behandeln, der schwer krank ist? Sie würden ihm vermutlich weitere Belastungen ersparen und ihn in Ruhe lassen, damit er sich erholen kann. Mit der Oder macht die polnische Regierung das Gegenteil. Sie setzt noch eins drauf und strapaziert den Fluss mit irrsinnigen Ausbaumaßnahmen. Es tut mir in der Seele weh, das zu sehen“, sagt Iwona. Die Polin lebt im Oder-Delta und engagiert sich bereits seit zwei Jahrzehnten für den Schutz ihres geliebten Flusses. Sie hat durch ihre umfangreichen Kenntnisse über die Ausbaupläne der polnischen Regierung maßgeblich dazu beigetragen, dass EuroNatur im November 2022 mit einer Allianz aus polnischen und deutschen Partnerorganisationen eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission einreichen konnte. Die Ausbaupläne verletzen unserer Meinung nach mehrere Richtlinien der Europäischen Union.

Der Fluss braucht seine Ruhe

natürlicher Fluss in Kulturlandschaft

Die Oder ist einer der letzten naturnahen Flüsse in Mitteleuropa. Viele seltene Tier- und Pflanzenarten leben im Fluss oder an seinen Ufern.

© Sascha Maier/BUND

„Für mich ist die Frage nicht, ob wir den Kampf gewinnen, sondern wann“, sagt Iwona Krepic. Unsere EU-Beschwerde macht die Dringlichkeit klar, den Oder-Ausbau zu stoppen. Zwar hat eine weitere Klage anderer Umweltverbände in Polen zu einem Baustopp geführt, doch ist dieser vorläufig nur temporär ausgesetzt. Dabei hat die Oder-Umweltkatastrophe eindrücklich gezeigt, wie schnell ein Flussökosystem durch menschenverursachte Belastungen komplett aus dem Gleichgewicht geraten kann. Geht der Oder-Ausbau weiter, wird die Oder schleichend sterben. Wenn wir den Fluss hingegen in Ruhe lassen, wird er sich selbst wieder regulieren und von der Katastrophe erholen.

Artenvielfalt an der Oder

Ich bin sehr froh, dass mehr und mehr Menschen über die Flüsse nachdenken. Das Problem ist, je weniger tote Fische man sieht, desto mehr schwindet das Interesse. Dabei braucht die Oder so dringend auch weiterhin öffentliche Aufmerksamkeit!

Iwona Krepic
Iwona Krepic, Leiterin des polnischen Teams von Rewilding Oder-Delta und Naturreiseführerin bei Oderdelta Safaris
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