Berner Konvention fordert Bosnien-Herzegowina auf, alle Staudammprojekte am Fluss Neretva zu stoppen

Am 2. Dezember beschloss der Ständige Ausschuss der Berner Konvention (Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume) ein Verfahren gegen Bosnien-Herzegowina einzuleiten. Die Regierung wird aufgefordert, alle Wasserkraftwerke im Neretva-Flusssystem zu stoppen und stattdessen Schutzgebiete einzurichten.

Wildfluss auf dem Balkan

Der einzigartige Oberlauf der Neretva in Bosnien-Herzegowina. Hier sind 7 Wasserkraftwerke geplant, die nicht nur den Fluss, sondern auch die alten Buchenwälder an seinen Ufern zerstören würden.

© Vladimir Tadic
Baustelle Wasserkraftwerk

Der im Bau befindliche Ulog-Staudamm, der die gesamte Landschaft der oberen Neretva und ihre Artenvielfalt bedroht.

© Vladimir Tadic

Mehrere große und kleine Wasserkraftprojekte entlang des Oberlaufs der Neretva drohen eines der wertvollsten Flusssysteme Europas zu zerstören. Mehrere Fischarten wie die Weichmaulforelle (Salmo obtusirostris), die Adriabachforelle (Salmo farioides), die und die Marmorataforelle (S. marmoratus) sind gefährdet, sollten diese Projekte Wirklichkeit werden.

Auf der diesjährigen Jahrestagung der Berner Konventionen, die vom 28. November bis 2. Dezember in Straßburg stattfand, diskutierte der Ständige Ausschuss die von mehreren nationalen und internationalen NGOs im Jahr 2020 eingereichte Beschwerde. Auf Basis dieser Beschwerde hat die Berner Konvention im Oktober dieses Jahres ein sogenanntes On-the-Spot-Appraisal (OSA) durch den unabhängigen Experten Dr. Gregory Egger durchgeführt. Während  der aktuellen Sitzung folgten die Mitglieder des Ständigen Ausschusses den Vorschlägen des Experten und forderten Bosnien-Herzegowina auf, alle Wasserkraftprojekte zu stoppen und stattdessen große Teile als Schutzgebiete auszuweisen.

Im Einzelnen (Auszug): Der Ständige Ausschuss empfiehlt (p. 49-50) der Regierung von Bosnien-Herzegowina
• den Bau des Wasserkraftwerks Ulog zu stoppen
• den Bau der sieben geplanten Wasserkraftwerke an der Oberen Neretva (Gornja Neretva) (...) zu verbieten und die betreffenden Projekte aus dem Raumordnungsplan zu streichen.
• "Gornji tok Neretve" (Obere Neretva) offiziell zum Emerald-Schutzgebiet zu erklären;
• die Umsetzung der derzeit ruhenden Großwasserkraftwerksprojekte Glavatičevo und Bjelimići zu untersagen. Streichung der betreffenden Projekte aus dem Raumordnungsplan;
• Stopp der Genehmigungsverfahren aller geplanten Kraftwerke an den Zuflüssen der oberen Neretva;
• den Bau weiterer Wasserkraftwerke in diesem Gebiet, das für das Emerald -Netzwerk in Frage kommt, sowie in allen anderen Gebieten, die für das Emerald-Netzwerk im Einzugsgebiet der Neretva in Frage kommen zu verbieten,...

"Die Eröffnung des Verfahrens ist ein wirklich wichtiger Präzedenzfall und ein großer Schritt für unser Land im Hinblick auf eine effizientere Umsetzung der Berner Konvention", betont Emina Veljović, Geschäftsführerin des Aarhus-Zentrums in Bosnien und Herzegowina, einer der beschwerdeführenden Organisationen.

"Die Neretva ist eines der wertvollsten Flusssysteme, die wir in Europa noch haben. Die Zahl der seltenen und bedrohten Arten ist nicht einmal vollständig bekannt. Mehr als 70 Wasserkraftprojekte bedrohen jedoch die Neretva und ihre Zuflüsse, was dieses Flusssystem auch zum meist-bedrohten Fluss des Kontinents macht. Die Entscheidung der Berner Konvention ist eine große Unterstützung für unser Ziel, diesen Fluss zu retten", sagt Ulrich Eichelmann von Riverwatch.

"Wir erwarten von den zuständigen Entscheidungsträgern in Bosnien und Herzegowina, dass sie sich an den Empfehlungen des Europarates orientieren und diese unverzüglich umsetzen", so Redžib Skomorac, Rechtsexperte des Center for Environment aus Bosnien-Herzegowina abschließend.

 

 

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